Regisseur Christian Petzold hat mit seinem Film vom Konzept her seine Vorbilder im klassischen Erzählkino einer Schicksalsgeschichte, die um die Sympathie des Publikums wirbt. Yella ist eine sichtbar abgestumpfte und innerlich leer gewordene Frau, der man den Neuanfang durchaus gönnt, gleichzeitig nicht gleich von vorne herein zustimmen kann, dass sie sich so aus dem Staub macht und alles, auch ihren Mann, zurück lassen will. Diesen Vorwurf macht er ihr auch gleich zu Beginn des Filmes und spricht das aus, was man auch als Zuseher denkt. Im weiteren Verlauf der Geschichte ändern sich die Sympathieträger wieder, Ben wird vorgestellt als ein Mann, der seine Frau nicht gehen lassen will, sie verfolgt bis in ihr Hotelzimmer und vor dem sie eine beinahe panische Angst entwickelt. Der Schluss des Films ist als große Überraschung die nochmalige Total-Wende der ganzen Geschichte, wird allerdings, wie auch bei seinen eindeutigen filmischen Vorbildern (ich nenne hier jetzt absichtlich keinen Filmtitel, um nicht zuviel zu verraten) in vielen kleinen Details bereits während des ganzen Filmes angedeutet bzw. legt sich, wenn auch noch nicht im Detail, durch einige scheinbaren logischen Ungereimtheiten, nahe. Und auch wenn eine gewisse Ahnung schon während des Filmes auftaucht, wie die Geschichte enden könnte, ist sie trotzdem offen genug, um das Überraschungsmoment bis zum Ende aufzusparen. Auf dem Weg dorthin gibt es sogar einige sehr humorvolle Szenen, in denen die Verhandlungstaktik bei Firmenübernahmen gehörig aufs Korn genommen wird.
Nina Hoss spielt an der Seite von Devid Striesow (zur Zeit auch im großen Favoriten “Die Fälscher” als Nazi zu sehen) in einem sehr gut abgestimmten Ensemble und überzeugt in der Rolle der sprachlosen, völlig innerlich leeren Frau, die um den Preis des Neuanfangs alles, aber auch wirklich alles über sich ergehen lässt und auf den ersten Eindruck auch hinsichtlich ihrer Begabungen und Fähigkeiten genauso unterschätzt wird wie möglicherweise der ganze Film. Denn bis zu seinem Ende plätschert der Film eher so dahin und schürt so aber gleichzeitig die Erwartungshaltung, dass da noch was nachkommen muss, die er dann auch erfüllt...
Mehr sei hier nun wirklich nicht gesagt, außer nur noch dieses: der Film ist ein hervorragendes Beispiel, wie man genau dieses Thema ohne großem Aufwand, ohne billiger Effekthascherei oder Psycho-Gequatsche und dramaturgischer Selbstüberschätzung (wie sie bei einem anderen Film zu einem ähnlichen Thema aus Österreich im letzten Jahr zu finden gewesen waren) erfolgreich und glaubhaft realisiert.
Gesamturteil: 85 % (davon 20 für den Schluss alleine)