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83.8% Bewertung
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    Jesus als Familienvater

    Eines darf man nie vergessen, es ist eine Romanverfilmung (Nikos Kazantzakis) und nicht der übliche Sandalenfilm aus der Antike, der das Alte Testament ins Bild rückt. Und er handelt doch von der Passion Christi. Die Szenen, die wir alle seit Kindertagen kennen sind auch nicht der Stein des Anstoßes gewesen, der militante katholische Demonstranten Ende der 80er Jahre vor die Kinoeingänge trieb, um den Eingang zu blockieren. Es ist ein Gedankenspiel am Ende des Films, das die Ursache für den Skandal war: Jesus (Willem Dafoe) wird von einem Schutzengel (Juliette Caton) vom Kreuz abgenommen, mit der sündigen Hure Magdalena (Barbara Hershey) vermählt und bekommt Kinder. Blasphemie! Teufelswerk! schmähten die Aufgebrachten damals. Es lag eine Scheiterhaufenatmosphäre in der Luft. Zugegeben man sah noch nie Jesus mit einer Frau im Bett Liebe machen – und seitdem auch nie wieder.
    Die Gegner übersahen völlig, dass sich Jesus mit Judas (Harvey Keitel) ausgiebige Wortgefechte lieferte, der ihn noch auf seinem Totenbett als Feigling bezeichnet, der seine Mission nicht erfüllt habe. Konsequent weiter gedacht würde das nämlich bedeuten: kein Opfer, keine Erlösung. Das wäre der wahre Skandal gewesen: eine Religion ohne Erlösung!? Doch dazu kommt es ja nicht. Jesus muss zurück ans Kreuz und lachend verkünden ‘Es ist vollbracht!‘ Manche Szenen können den gottlosen Zuschauer an ‘Das Leben des Brian‘ erinnern. Da hat sich in den letzten drei Jahrzehnten ganz schön was im Bewusstsein verändert. Und dann lässt Martin Scorsese die letzten Bilder über die Leinwand flackern, die sie aussehen, als sei die Filmrolle aus Zelluloid durchgeschmort. Vielleicht ein Hinweis, dass das alles nicht wirklich stattgefunden hat!?
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    21.10.2014
    11:44 Uhr
  • Bewertung

    Was wäre gewesen: wenn ...

    Diese Frage stellt der Film im Bezug auf den Kreuzestod Jesu. Was, wenn er nicht am Kreuz gestorben wäre, sondern als ganz normaler Mensch weitergelebt hätte.... Frau, Familie, Kinder.... Doch seine Berufung holt ihn dann doch wieder ein, seine Jünger machen ihm noch am Sterbebett Vorwürfe, er hätte sie und seine Botschaft verraten...

    Ein Gedankenexperiment zu einer schwierigen Frage, die Gläubige vor eine heikle Aufgabe stellt: sich entgegen ihrer Glaubensüberzeugung ein alternatives Szenario vorzustellen. Eine letzten Endes sehr respektvolle, aber trotzdem heikle, Anfrage an die biblische Überlieferung und an den christlichen Glauben als Ganzen.

    Martin Scorsese gelingt eine sehr glaubhafte Darstellung des Lebens Jesu, besonders in der Kreuzigung verzichtet er auf den sonst häufig üblichen Pathos, sondern konzentriert sich auf den unendliche Qualen leidenen Menschen. Willem Dafoe in seiner wohl schwierigsten Rolle. Ab der Kreuzigung spätestens verläßt der Film jedoch den biblischen Hintergrund und begibt sich auf das Gebiet reiner Hypothesen, im klaren Gegensatz zur christlichen Überlieferung und auch Überzeugung. Vor dem Hintergrund dieser Vorbedingung ein sehr sehenswerter und faszinierender Film.
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    20.09.2006
    21:51 Uhr
  • Bewertung

    stark

    Wenn man den Film das erste Mal sieht, kann es vielleicht vorkommen dass man sich ein paar Mal an den Kopf greift und sich fragt ob man stoned ist, da viele seltsame Dinge passieren. Darum würde ich jedem empfehlen zuerst das Buch zu lesen, da gerade dieses verdeutlicht, wie sehr diese Jesusfigur hier im Konflikt mit sich und Gott steht. Dieser Film agiert fern jeder Lehre mit erhobenen Zeigefinger, zeigt das Jerusalem zu Jesu Zeiten als düsteres Armageddon welches zu Grunde gehen wird. Besonders beeindruckend auch die Judasdarstellung und seine völlige Neuinterpretation. Man kann wirklich sagen, ein Film fern von jeglichen Hollywoodkitsch.
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    20.09.2006
    18:00 Uhr