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    Ein Sportlerleben, na und?

    Das waren noch Zeiten, als in Wien am Heumarkt das große Freistilringen die herbeiströmenden Maßen zu Skandierungen wie „Reiß er’m die Brust auf und spuck‘ ihm aufs Herz“ bewegten. Großes Theater, wildes Treiben, ein Volksfest erster Güte. In all der körperbetonten, niederschmetternden Fleischbergebeschau: Kapazunder wie Otto Wanz oder „Schurli“ Blemenschütz. Dieses Catchen oder Wrestling ist allerdings nicht bedingt vergleichbar mit dem sogenannten MMA-Sport – Mixed Martial Arts, was so viel bedeutet wie: Wende an, was du kannst, um den Gegner ernsthaft auszuschalten.

    Rohe Gewalt mit Gong-Effekt

    Jede Art von Stil ist dabei willkommen, manche No-Gos gibt es natürlich, Beißen zum Beispiel ist nicht wirklich in, ein Kopfstoß mit dem Knie genauso wenig. Das jemand so etwas aushält, ohne sich dabei Abhilfe zu verschaffen, ist klar – nichts käme dabei so gelegen wie das gute alte Schmerzmittel in allen möglichen Stärkegraden. Einer wie Mark Kerr hat sie alle ein- und die Konsequenzen in Kauf genommen. Kerrs Sucht war somit kein Zustand, der auf die Dauer die Physis verbessert, sondern den Ringer fast über die Klinge springen ließ. Dabei ist der Entzug des Pioniersportlers nur eine Episode in einer Teilbiografie von Benny Safdie (u. a. Der schwarze Diamant) über einen Mann, der, nun, wie soll ich sagen, MMA praktiziert hat und, man sieht es am Ende des Films, als entspannter Privatier den Rest seines Lebens genießt. Das soll er, keine Frage – wehgetan hat ihn das Leben genug. Die Frage ist nur: Wie lässt sich dieser Schmerzensmarathon denn in einen erlebenswerten Film packen, von welchem man am Ende denkt: Jawohl, diese Lebensgeschichte bereichert mich nicht nur auf einer Metaebene, sondern emotionalisiert mich, packt mich und treibt die Erkenntnis voran, das Sport viel zu oft in Richtung Mord geht.

    Letztere erlangt man bei The Smashing Machine durchaus. Wie sehr man einander offiziell wehtun kann, wird in wenigen Szenen und das auch ohne mildernde Optik dargestellt. Sieht man Dwayne Johnson die Sporthalle entern und dann in den Ring steigen – ein Gigant von einem Mann, Schrank wäre untertrieben, Herkules bekäme angesichts dieses Hünen wohl Selbstzweifel – lässt sich kaum vorstellen, dass auch nur irgendwer diesen Halbgott zu Boden ringen könnte. Man erfährt: Größe und Masse ist die eine Sache, Technik und Taktik die andere. Was sich im Kopf dabei abspielt, ist dabei ebenfalls ausschlaggebend, der mentale Fokus bestimmt den Lauf der Schlacht.

    Suppe ohne Salz

    Diesen Aspekt in detailverliebtes Licht zu setzen, bringt Benny Safdie auf die Habenseite. Was sonst noch übrigbleibt? Jedenfalls kein Pathos, nämlich null, nada. Rocky würde sich wundern. Denn das Genre des Sportfilms, da kann man tun was man will, definiert sich großteils durch genau diese Art der emotionalen Vermittlung: des Pathos. Das Stilmittel ist per se nichts Schlechtes, wenn man weiß wie man es einsetzt. Zu viel wird zum Kitsch. Gar nichts davon ist wie eine Suppe ohne Salz. So schmeckt auch The Smashing Machine ernüchternd schal.

    In ähnlicher milder Würze präsentiert sich Emily Blunt als bildschirmverschönernde Nebenfigur, die auf fast schon hörbare Regieanweisung alles schön brav nach Routine macht, ohne wirklich bei der Sache zu sein. So sehr Staffage ist Dwayne Johnson dann doch auch nicht, das wäre schließlich schade, denn der Ex-Wrestler bemüht sich sichtlich, deutlich mehr Charisma und Mimik an den Tag zu legen als seine Amtskollegen Hulk Hogan oder Dave Bautista. Mag sein, dass die deutsche Synchronisation hier tatsächlich einiges verbricht, doch Ingo Albrechts wenig intonierendes Overlay kaschiert womöglich einiges an Johnsons originalem Timbre. Was dabei erschwerend hinzukommt, ist Safdies phlegmatischer Reportagestil, der vieles zu lange vor sich herzerzählt und somit wenig Dynamik erringt. The Smashing Machine wird zu einer langweiligen Nummer, der es deutlich an Esprit mangelt, die den Leitsatz „In der Ruhe liegt die Kraft“ leider falsch versteht. Vielleicht liegt es doch an Johnson, der versucht, das Beste aus sich herauszuholen, zwischendurch natürlich flennen muss, um momentbezogene Emotionen zu zeigen, im Ganzen gesehen die notwendige Klasse dann aber doch nicht erreicht.

    Was bleibt, sind Johnsons Sympathiewerte – wegen ihm und seiner Motivation geht man schließlich auch in einen Sportfilm wie diesen, aus demselben Grund, warum man auch in Aronofskys The Wrestler ging, um das Comeback von Mickey Rourke mit eigenen Augen zu erleben. Wenn The Rock aus dem Jumanji- und Fast/Furious-Franchise ins Schauspielkino übersiedelt, will man sich selbstverständlich nicht nur auf Hörensagen verlassen. Erinnern wird man sich dabei nur an dessen gewaltiger Physiognomie, doch weder an denkwürdige Kampfszenen noch an die Highlights eines Sportleralltags, denn die gibt es nicht.



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    15.10.2025
    16:22 Uhr
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    Mark Kerr, die Liebe und der MMA-Sport

    Nicht wenige Menschen leben für die Liebe und den Sport. In THE SMACHING MACHINE (basierend auf wahren Begebenheiten) dürfen wir als Zuschauer die Anfänge des Mixed Martial Arts im Kino entdecken. Es geht um den kurzen Zeitraum zwischen 1997 und 2000.
    Dwayne „The Rock“ Johnson ist sensationell in der Rolle des Mark Kerr, einem Champion der neuen Sportdisziplin. Obwohl es nur ein Sport ist, geht es wie immer ums Gewinnen. Als Mark Kerr seinen ersten Kampf verliert, kann aber auch ein Mann wie ein Bär, weinen, und zwar unaufhörlich wie ein Kind …
    Schmerzen, Medikamente, Beziehung, Training, Schweiß und eine Kamera, die ganz nah am Geschehen ist: THE SMACHING MACHINE ist viel mehr als ein Sportfilm, es ist ein Zeitdokument und gleichzeitig ein Film über Hoffnung und die Verwirklichung und das Platzen von Träumen.
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    05.10.2025
    21:17 Uhr
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    Muskelklops und Softie

    Exklusiv für Uncut von den Filmfestspielen in Venedig
    Ein harter Brocken im Wrestling-Ring, Muckimann für Testosteron-beladenes Haudraufkino und nun auch Charakterschauspieler? Dwayne Johnson, vormals „The Rock“, wäre wohl einer der letzten Namen, den man mit anspruchsvollen Hollywood-Dramen assoziieren würde. Doch jetzt soll sie folgen, die Neuerfindung des Muskelprotzes, der durch den digitalen Dschungel der „Jumanji“-Filme wütete, und sich in den „Fast and Furious“-Filmen (wie auch im echten Leben) ein Ego-Duell mit Frisurenvetter Vin Diesel lieferte. Wohlgemerkt nach Jahren des selbstverursachten Markenschadens – der Versuch, mit „Black Adam“ zum DC-Helden zu avancieren, und die exzessive Marketingkampagne dahinter, irritierten mehr, als sie Erfolg zeigten. Insofern darf hinterfragt werden, ob Johnsons plötzliches Verlangen nach Prestigekino überhaupt mehr sei, als nur ein Hilfeschrei zur kalkulierten Ehrenrettung. So zweifelhaft die Beweggründe seien mögen, das Experiment ist geglückt. In „The Smashing Machine“ präsentiert sich der Fels, der sich sonst von nichts und niemandem aus der Fassung bringen lässt, von seiner vulnerablen Seite. Und überzeugt.

    Ein Bruder macht solo und steigt in den Ring

    Das Sportdrama ist in vielerlei Hinsicht eine Premiere. Für seinen Hauptdarsteller der Versuch, sich als ernstzunehmender Schauspieler zu etablieren, für seinen Regisseur die erste Arbeit ohne familiäre Rückendeckung. Benny Safdie hat bislang nur in Co-Regie mit Bruder Josh gedreht, für atemlos durchgetaktete Panikattacken wie „Good Time“ (2017) und „Uncut Gems“ (2019) verdientes Vorschusslob geerntet. Mit seinem Solodebüt – sein Bruder Josh macht es ihm im Dezember mit dem Tischtennisfilm „Marty Supreme“ gleich – entfernt sich der Filmemacher und Schauspieler (u.a: Wasserstoffbombenerfinder Edward Teller in „Oppenheimer“) vom überschäumenden Stresskessel seines bisherigen Schaffens. „The Smashing Machine“ begeistert mit einer Zartheit, die in vorangegangen Safdie-Thrillern rar gesät war. In fast dokumentarischer Präzision fängt der Film die Essenz eines Mannes ein, der sein Leben und seinen Körper einem besonderen Faszinosum verschrieben hat. Mark Kerr (Johnson) gilt als westliche Größe des MMA-Sports – der „Mixed Martial Arts“. Im Ring war er ein Biest, jemand, der als zweifacher Meister des UFC – dem „Ultimate Fighting Championship“ – seine Kontrahenten mit martialischer Körperkraft plättete. Den Schmerz, den dieser lange ohne kohärentes Regelwerk verbundene Sport mit sich brachte, fraß er unbemerkt in seine harte Schale hinein. Bis diese nach ersten Verlusten Ermüdungserscheinungen zeigte. Dann folgte die Flucht in die Medikamentensucht. Und die ganz privaten Krisen mit Ehefrau Dawn (Emily Blunt).

    Von der hohen Kunst des Scheiterns

    In chronologischer Reihenfolge pendelt das Drama zwischen den Hochs und Tiefs im professionellen wie privaten Dasein des Wrestlers. Manch einer würde meinen, dass sich Safdie zu akribisch an Klischees des Kampfsport-Genres abarbeitet. Doch den gewohnt überdramatisierten Bogen – vom Aufstieg und Fall und dem sich Wiederaufraffen in Folge der Niederlagen – gibt die reale Geschichte Mark Kerrs gar nicht her. Dafür ist die Fallhöhe zu niedrig. „The Smashing Machine“ ist vielmehr, wie sein Hauptdarsteller auch in der Pressekonferenz in Venedig postulierte, eine Geschichte über Liebe. Und zwar in zweifacher Richtung. Zum einen ist es die Beobachtung einer innigen Beziehung, die durch einen explosiven Mix aus Sucht und Kontrollsucht auf die Probe gestellt wird. Die andere, nicht minder toxisch geprägte Liebe: die zu einem Sport, der körperlich alles abverlangt. Der als Charakterdrama verkaufte Film ist weniger Studie eines Einzelnen, als der sehr rohe Erklärungsversuch, warum diese schweißgebadeten Männer sich diesen Hahnenkämpfen hingeben. „Zu gewinnen ist das beste Gefühl, das es gibt“, sagt Kerr in einer der eingehenden Szenen. Seine Siegesstrecke inszeniert Safdie als Momente der puren Euphorie. Was aber, wenn die Strähne des Erfolgs endet? Wenn man sich plötzlich mit der ersten Niederlage konfrontiert sieht? Safdies Film wirft einen genauen Blick auf einen Männerkult, dem eingetrichtert wird, das Gewinnen das einzig Wahre sei, und alleinig am Gedanken des Scheiterns wie ein Kartenhaus zusammenbricht. Dass man diesen Effekt anhand einer Figur wie Mark Kerr vorführt, macht den Film umso interessanter. Kerr entspricht nicht den klassischen Macho-Archetypen des Sports, ist für seine ruhige, eloquente Art eher ein Ausreißer. Diese gibt Dwayne Johnson in ungewohnter Zurückhaltung wieder, seine Darbietung lebt mehr von subtilen Mimiken, als großer Theatralik. Der innere Unfrieden dringt nur langsam nach außen. Hat dieser die Oberfläche erreicht - ein aufgeladenes Streitgespräch zwischen Kerr und seiner Gattin ist dramaturgischer Höhepunkt – scheinen auch die großen Gesten organisch und nicht aufgesetzt. Man mag es kaum glauben, aber Johnson spielt in besagter Szene seine Szenenpartnerin Blunt, der eine etwas undankbare Rolle gegeben wurde, fast an die Wand. Die großen Kämpfe spielen sich ansonsten aber im Ring ab. Dem hat sich Benny Safdie mit einer Distanz angenähert, welche die Abstumpfung und Gleichgültigkeit seines Protagonisten treffend einfängt. Am stärksten ist der Film aber in seinen weichen Momenten. Wenn sich zwei harte Kerle, Kerr und sein Ringpartner Mark Coleman (gespielt vom echten MMA-Kämpfer Ryan Bader), in den Armen liegen. Wenn ein Besuch am Jahrmarkt - die ansehnlich satten Farben kommen hier besonders zu Geltung – für ein paar Augenblicke den Anschein der Normalität vorgaukelt. „The Smashing Machine“ – im Übrigen eine Verfilmung der Dokumentation des gleichnamigen Titels - ist ein Film, der von mancher Seite als unzureichende psychologische Studie seiner Hauptfigur abgestempelt werden wird. Das möchte das Drama aber primär gar nicht sein. Mit intimen, nüchtern dargelegten Beobachtungen des UFC – dabei zeitgleich Liebesbrief und Mahnmal – sticht der Film aus der Masse melodramatischer Sportlergeschichten heraus. Und gibt seinem vielbelächelten Hauptdarsteller die Chance, sich als Charakterdarsteller zu beweisen. Hoffentlich nicht die letzte.
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    05.09.2025
    10:05 Uhr