Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2025
In Iván Funds „Die Nachricht“ reist ein Ehepaar mit einem Mädchen mit telepathischen Fähigkeiten durch Argentinien, um von ihren Fähigkeiten zu profitieren, indem sie es als Tiermedium vermarkten.
Die Beziehung zwischen Menschen und ihren Haustieren ist eine ganz besondere. Wir kommunizieren mit ihnen, sprechen aber nicht dieselbe Sprache. Wir sagen ihnen, was wir denken und fühlen und sie erwidern es mit einem Miau, einem Wuff oder einfach nur einer schönen Geste. Aber was sie uns wirklich gerne sagen würden, darüber können wir nur munkeln. So überrascht es vielleicht nicht, dass manche Tierhalter viel Geld für ein Medium zahlen, damit dieses ihnen Nachrichten ihrer Tiere, oder verstorbener Familienangehöriger und Freunde, überbringt. Ist dies nichts weiter als ein paranormaler Humbug, der die hohen Kosten dafür nicht rechtfertigt?
In Iván Funds Film „Die Nachricht“ scheint die Antwort jedenfalls „Nein“ zu lauten, denn in diesem Melodram schafft sich das Ehepaar Myriam (Mara Bestelli) und Roger (Marcelo Subiotto) eine recht gute Einnahmequelle mit dem Mädchen Anika (Anika Bootz), das angeblich über telepathische Fähigkeiten verfügt und mit Tieren sprechen und deren Nachrichten an ihre Besitzer weitergeben kann. Anika ist nicht Pflegetochter, und die drei fungieren mehr als eine Zweckfamilie, die in einem etwas in die Jahre gekommenen Van, das höchstens 80 km/h schnell fahren kann, durch das wirtschaftlich ohnehin schon gebeutelte Argentinien reist, um verzweifelten Tierbesitzern etwas Trost und Hoffnung zu schenken. Myriam und Roger nutzen die Bekanntheit des Mädchens schamlos aus, etwa durch eine Fernsehreportage, und gönnen sich und ihr nur wenig Spaß und Ablenkung. Trotzdem pflegen die Drei ein liebevolles und unaufgeregtes Verhältnis zueinander.
Im Abspann dankt Fund seiner eigenen Familie dafür, dass sie ihm eine unbeschwerte und glückliche Kindheit ermöglicht hat, und damit bestätigt er implizit den Gedanken, den man beim Zuschauen dieses Road-Movies über weite Strecken insgeheim hegt. Im Kern der Geschichte geht es um das Thema „Kindesausbeutung“. Ihre eigentliche Mutter, die in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht ist, sieht Anika nur sehr selten, und Myriam und Roger, so respektvoll sie sie auch behandeln, sehen sie dennoch nur als Mittel zum Zweck. Wie viel von ihrer Kindheit Anika letzten Endes tatsächlich behalten kann, das lässt sich nicht so leicht beantworten. Inhaltliche Parallelen lassen sich jedenfalls zu Peter Bogdanovichs tragikomischem Road-Movie „Paper Moon“ (1973) mit dem Vater-Tochter-Gespann Ryan und Tatum O’Neal ziehen.
Fund hat hier nämlich wenig zu erzählen, wo es doch einiges zu sagen gibt. Es gibt keine dramatische Handlung im eigentlichen Sinn, „Die Nachricht“ fühlt sich vielmehr wie ein Film an, den man dem „Cinéma vérité“ zuordnen könnte. Das dürfte auch an der Ästhetik des Werks liegen: schön in Schwarz-Weiß bebildert, und mit schwermütiger Trompetenmusik von Mauro Mourelos untermalt, fühlt es sich weniger wie ein Drama und vielmehr wie eine Pseudodokumentation an, die aus dem wahren Leben gegriffen sein könnte. Als eine Art musikalisches Leitmotiv verwendet Fund das Lied „Always on my Mind“ in der 1980er-Synth-Pop-Version der „Pet Shop Boys“, in dem es inhaltlich auch darum geht, eine geliebte Person um Verzeihung zu bitten. Anika Bootz gibt hier eine sehr sympathische Vorstellung und harmoniert besonders mit ihrem fiktiven Pflegevater Marcelo Subiotto sehr gut, vor allem in den beschwingteren Szenen.
Ein leises, melancholisches Road-Movie vor dem Hintergrund verarmter argentinischer Provinzen, das trotz seiner reduzierten Handlung gut unterhält und nachdenklich stimmt. Man wird sich zwar nicht an viele Momente erinnern, aber an die liebevolle Dynamik zwischen den Hauptfiguren. Und wer sich am Ende keinen Ohrwurm von den „Pet Shop Boys“ einfängt, nun ja, der dürfte eher ein kaltes Herz haben.