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80% Bewertung
  • Bewertung

    Gelungene, etwas gediegene Meta-Anti(?)-RomCom mit viel Gefühl

    Jonás Truebas neuer Film „Volveréis - Ihr kommt sowieso wieder zusammen “ spielt clever mit den Rollen, die es für eine gute Beziehung, aber auch für einen großartigen Film braucht. Ins Zentrum stellt er ein Künstlerpaar, das seine Trennung gemeinsam mit Familie und Freund*innen zelebrieren möchte. Gleichzeitig arbeiten die beiden an einer Geschichte, in der die Protagonist*innen die gleiche Idee haben. Eine clevere Film-im-Film-Konstruktion.

    Papas fixe Idee
    Ales Vater ist überzeugt: Man soll nicht Hochzeiten feiern, sondern Trennungen. Zumindest glaubt die Tochter fest daran. Wenn Papa das sagt, muss es stimmen. Für sie fühlt sich diese Idee jedenfalls richtig an. Sie überzeugt ebenso ihren Noch-Partner Alex, das Ende der langjährigen Beziehung mit einer Party zu begehen, mit Live-Musik, an einem Ort, an dem sich beide wohlfühlen. Das Umfeld reagiert auf diese fixe Idee unterschiedlich.

    Anti-Romantik-Mantra
    Da Alex und Alex nicht allein feiern wollen, müssen sie die Einladung zum ungewöhnlichen Fest aussprechen. Immer mit den gleichen Worten, ihrem Mantra von der gemeinsamen Entscheidung und dass es beiden damit gut geht. Fast schon wie ein Script. Oder etwas, das man wiederholt, um endlich selbst daran zu glauben. Ja, man erwartet das Mantra bei jedem Gespräch und doch könnte man jedes Mal ein wachsendes Schmunzeln spüren.

    Papa als philosophischer Beziehungscoach
    Ein kluger Schachzug ist die Reaktion von Ales Vater auf die Einladung zur Beziehungsende-Party. Der alte Herr genießt es, seine Familie bei sich zu haben. Außerdem distanziert er sich von seiner Idee, lieber Trennungen zu feiern. Er gibt seiner Tochter filmhistorischen und philosophischen Lesestoff mit, um sie zum Nachdenken zu bringen.

    Einblicke ins Filmschaffen
    Trueba verfolgt nicht nur Ale und Alex im Privatleben, sondern auch ein Paar im Film, an dem die beiden arbeiten. Ale ist hinter der Kamera und dirigiert, Alex steht vor der Kamera und spielt den Bald-Ex. So lässt der Regisseur die Ebenen bald verschwimmen. Alles Erlebte beeinflusst die Darstellung, die wiederum auf das Künstlerehepaar Einfluss hat. Die Zusammenarbeit für den Film funktioniert gut. Und privat? Tja, es gilt herauszufinden, ob die beiden ohneeinander besser dran sind.

    Unterhaltsam, aber nicht mehr
    „Volveréis“ ist kein Film, der laut und aufdringlich daherkommt. Eine clevere Liebeskomödie, mit netten, nicht allzu tiefgründigen Hauptfiguren. Jedenfalls dürfen sie nicht wirklich viele Seiten von sich zeigen. Für Kinofans sind sicher die Auseinandersetzungen mit Filmen und die Analysen, die die beiden anstellen, recht unterhaltsam. Vielleicht möchte man in Gedanken mitreden. Die Einblicke ins Filmschaffen sind ebenso interessant. Die Liebesgeschichte an sich, in mäßigem Tempo erzählt, kommt wenig außerordentlich daher.
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    27.10.2024
    10:50 Uhr
  • Bewertung

    Kleiner, feiner, Wohlfühl-Trennungsfilm

    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    „Volveréis“, der neue Film von Regisseur Jonás Trueba, erzählt die Geschichte von Ale und Alex, einem Paar aus Madrid, das beschließt, sich nach 15 Jahren Beziehung zu trennen. Sie sind kinderlos und es gibt keine neuen Partner, es wird nicht gestritten und mit Türen geknallt, eigentlich mögen sie sich immer noch sehr gerne, auf eine abgeklärte und beiläufige Art. Das Leben, so scheint es, ist irgendwie einfach dazwischengekommen, zwischen die beiden. Wissen tun wir es als Zuseher aber nicht so genau, denn die Gründe für die Trennung sind nicht das Thema von „Volveréis“.

    Das Thema ist tatsächlich der Akt an sich. Alex erinnert Ale daran, dass ihr Vater immer gesagt hätte, man solle die Trennungen feiern, nicht die Hochzeiten, denn was nach der Hochzeit passieren würde, wisse man nicht, während das Ende fix sei. Ale ist anfangs skeptisch und meint, das wäre eine Idee für einen Film, ließe sich in der Realität aber nicht bewerkstelligen. Achtung Metaebene! Und gleich noch eine: Beide sind in der Filmbranche tätig, Ale als Regisseurin, Alex als Schauspieler. Sie drehen gerade eine Beziehungsfilm, über den sich die ersten Zuschauer später fragen werden: Ist es linear oder zirkulär, was hier passiert. Noch mehr Meta. Jedenfalls entschließen sie sich letztendlich doch zu einem großen Fest.

    Was folgt, ist eine immer gleiche Routine. Sie treffen jemanden allein oder auch zu zweit und müssen diesem von der Trennung und dem Fest erzählen. Auch wenn das sehr redundant klingt, ist es ungeheuer spannend, wie die einzelnen Personen auf diese Neuigkeiten reagieren und wie diese Reaktion dann wieder etwas in Ale und Alex auslöst. Kalt lässt eine solche Ankündigung niemanden: Manche weinen, manche sind schockiert, einige grenzen sich ab, andere können oder wollen es nicht glauben und sagen: „Ihr kommt doch eh wieder zusammen“; das bedeutet auch der Titel „Volveréis“ wörtlich: du wirst zurückkommen. Die Idee mit dem Fest kann kaum jemand nachvollziehen. Es ist eine sehr genaue und aufmerksame Studie über menschliches Verhalten.

    Dazwischen leben Ale und Alex ihr sehr vertrautes Alltagsleben weiter. Schön ist, dass in ihrer Wohnung alles so aussieht als würde tatsächlich Menschen drinnen leben, in einer gewissen Unordnung, keinem durchgängig-durchkomponierten Einrichtungshaus-Stil, mit Büchern, die nicht akkurat in das Regal geräumt wurden und zufällig liegen gelassenem, lange liebgewonnenem. Wenn Ale einen Albtraum hat, legt Alex beruhigend die Hand auf ihren Arm. Sie frühstücken gemeinsam. Sie gehen spazieren, besuchen einen Flohmarkt. Einmal entdeckt Alex einen Blutfleck auf dem Leintuch und wechselt die Bettwäsche nach einem kurzen Zögern. Das ist einer dieser fein beobachteten Momente, in denen man sich fragt: Wie viel Intimität ist noch in Ordnung, wenn man eben kein Paar mehr ist? Was lässt man den anderen noch sehen, und was nicht mehr? Was geht den anderen noch etwas an?

    „Volveréis“ ist ein warmherziger, tragisch-komischer Film über Leben und (das Ende einer) Liebe, mit charismatischen Darstellerinnen und Darstellern, mit einer Portion Ingmar Bergmann (mit und ohne Liv Ullmann) und einer Brise Kierkegaard und ganz viel Verständnis für das Mysterium Beziehungen an sich.
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    25.10.2024
    13:35 Uhr