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    Kunst, Kultur und Politik

    Kunst, Kultur und Politik – das sind immer Themen in Istvan Szabos Filmen, der zuletzt mit “Sunshine – Ein Hauch von Sonnenschein” einen sehr bewegenden und intelligenten Film über 3 Generationen drehte, wo sich die Geschichte und die Schicksale immer wiederholten. Die Vergangenheitsbewältigung kann immer noch nicht ausreichend sein, wenn es Menschen und Politiker gibt, die die Grauen der Nazis verharmlosen und so weit gehen sie zu leugnen.

    Im Mittelpunkt des „Falls Furtwängler“ steht die Entnazifizierung des wahrscheinlich genialsten Dirigenten des 20. Jahrhunderts. Mit einem Auftrag von oberster Stelle beginnt der Major, beängstigend realistisch gespielt von Harvey Keitel, seine Recherchen um Furtwängler zur Rechenschaft zu ziehen. Seine Strategie ist ganz einfach, es gilt den Stardirigenten, der Hitler den Gruß verweigerte, die Mitgliedschaft und seine Sympathie nachzuweisen. Das sollte reichen. Doch Furtwängler, Stellan Skarsgard in seiner überzeugendsten Rolle, ist sich keiner Schuld bewusst und verneint die Anschuldigungen. Er hat für Hitler einen Tag vor seinem Geburtstag ein Konzert gegeben, er hat antisemitische Aussagen getätigt, er hat im Regime gelebt! Aber er hat auch jüdischen Kollegen die Ausreise ermöglicht und ihnen dadurch das Leben gerettet. Deutschland ist seine Heimat, Deutschland war im Krieg und die Menschen brauchten Hoffnung. Seine Musik war nie als Instrument für das Regime gedacht!

    Szabo versteht es die Grauzonen auszuloten, die Menschen sind nicht nur böse oder gut, fast alle bewegen sich dazwischen. In einer Diktatur herrschen eigene Regeln und der Mensch kann nicht immer zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden, jedoch sollte man zwischen richtig und falsch unterscheiden können. Ein Fehler und die ganze Familie hat den Preis zu bezahlen. In einer Szene meint die Sekretärin von Keitel, dass ihr Vater, ein deutscher Offizier, erst dann bei einem Anschlag teilgenommen hatte, als er bemerkte, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen war. Viele Menschen haben nicht gewusst, was mit den jüdischen Mitmenschen geschah. Keitel als amerikanischer Major sieht die Dinge mit anderen Augen – alle Deutschen sind Judenhasser und alle gehörten sie vor ein Gericht!

    Im Namen der Gerechtigkeit, der amerikanischen Gerechtigkeit, gibt es nach den Ereignissen des 11. September nur noch Verbündete oder Schurken! Der Diktator Saddam Hussein mag ein Schurke sein, aber bestimmt sind es nicht alle Irakis, sprich die Zivilbevölkerung, welche am meisten unter einem Krieg zu leiden hat. Und gerade deshalb sind solche Filme wie „Taking Sides“ so wichtig, weil einem bewusst wird, wie Regeln aufgestellt werden. Regeln werden aufgestellt um sie zu befolgen – nur das kann nicht richtig sein. Aber wenn man mit den Regeln leben muss, ist man dann ein Verbrecher?
    14.02.2003
    12:00 Uhr