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    Eine Eiskönigin aus Holz, Moos und Wurzeln

    Exklusiv für Uncut
    Ein Animationsfilm aus der Ukraine - das gab es bisher hierzulande noch nicht so oft zu sehen. Doch es könnte in Zukunft öfter passieren, denn das Filmstudio „Animagrad“ aus Kiew hat schon einige Erfahrungen mit Animationsfilmen für ein breites Publikum. Auch der nächste Streifen „Die gestohlene Prinzessin“ könnte bei uns in die Kinos kommen, das hängt aber wahrscheinlich vom Erfolg dieses Filmes hierzulande ab.

    Die Voraussetzungen dafür sind nicht so schlecht: die Qualität der Animationen ist irgendwo zwischen „Shrek“ und „Die Eiskönigin“ angesiedelt, einzelne Rückblenden in holzschnittartiger Zeichnung kennen wir auch schon aus anderen Filmen.

    Der Film erzählt eine Geschichte über Liebe, den Menschen als den größten Feind des natürlichen Gleichgewichtes, die Natur, die mehr Macht hat, zurück zu schlagen, als wir vielleicht ahnen und über die tiefe Sehnsucht nach Frieden. Dazwischen gibt es auch so nebenbei ein wenig ukrainische Kulturkunde zu lernen, wenn die Dorfbewohner in ihren traditionellen Trachten zu sehen sind und die Musik als Kommunikationsmedium jenseits aller Worte gepriesen wird. Schon längere Zeit kam eine große Gruppe der Musikstudierenden hierzulande aus der Ukraine, zuletzt wurden es noch mehr.

    Zwei Beobachtungen lassen sich in dem Film ganz klar und deutlich machen: die Produzenten haben Disneys Elsa und ihre Freunde eingehend studiert und sich das eine oder andere Detail der Handlung aus dem letzten „Frozen“-Film abgekupfert. Und sie sind stolz auf ihre Arbeit und darauf, Ukrainer*innen zu sein. Kylina, die zentrale böse Figur im Film, ähnelt mehr einer russischen Oligarchensgattin als der zierlichen, jungen Mavka, den Frauen im Dorf oder sogar den Nymphen des Waldes. Sehr klischeehaft hingegen geriet ihr modeverliebter schwuler Lakai Frol (im Deutschen Karl): wieder einmal sind die LGBTQ-Charaktere jene, über die alle lachen (sollen). Kylinas Männer fürs Grobe, die menschlichen Trolle Hans und Franz sind hingegen für einige richtige Lacher gut. Gut und Böse sind in dem Film immer eindeutig zu erkennen, wenn es entweder magisch, bunt und hell oder bedrohlich, finster und dunkel wird.

    Trotz mancher besonders für kleinere Kinder recht bedrohlicher Szenen überwiegen insgesamt der Humor und die klare Botschaft, dass Zorn und Gewalt viel mehr vernichten, als sie zu beschützen oder zu befreien im Stande sind, dass es sich für das Gute zu kämpfen lohnt und dass man das nicht alleine schafft. Das gilt für die vom Klimawandel und den Menschen bedrohte Natur ebenso wie für den Krieg. Wem es gelingt, die Gewaltspirale zu durchbrechen, wird den ersten richtigen Schritt gehen.
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    11.06.2023
    20:12 Uhr