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    Zusammenhangloses filmisches Experiment

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2022
    Etwas muss die österreichische Filmlandschaft in Gastón Solnickis fünftem Spielfilm gesehen haben, denn „A Little Love Package“ kann mit einigen bekannten Förderern und Locations in Wien aufwarten. Aber was genau will der Film, der seine Premiere in der Sektion „Encounters“ der Berlinale sein? Zwei bekannte Darstellerinnen, Chaplin Enkelin Carmen Chaplin und Angeliki Papoulia wandern durch die Straßen Wiens, weil letztere eine Wohnung kaufen will, und erstere sie beraten soll. Das in etwa so der einzige herausfilterbare Plot in dieser Geschichte, die sich sonst eher in abstrakten, abweichenden Nebenschauplätzen mit kaum definierten Figuren verliert.

    So meint man zu Beginn, das 2019 Framing mit dem endlich in Österreich gültigen Rauchverbot wäre für die weitere Handlung entscheidend. Aber bis auf das magere Business im Café Weidinger, das immer wieder aufpoppt, ist hier wenig auszumachen. Fast könnte man meinen, Solnicki will einen bewusst hinter das Licht führen, denn das Weidinger ist ungleich, gegen das mit Rauchern vollgepackte Kleine Café am Schluss, nicht unbedingt ein touristischer und gesellschaftlicher Hot Spot. Es ist für seine Butterbrote und die Kegelbahn bekannt. Ob der Regisseur hier ein Plädoyer für den Glimmstängel einbauen wollte, sei dahingestellt.

    Neben Papoulia und Chaplin, die später im Film mit ihrer ganzen Familie in Malaga auftritt, ist der Film großteils von Laien besetzt. Kindern, die in und aus dem Bild rennen, und von denen sich der Regisseur partout weigert, sie irgendwie zu jemanden oder etwas in Relation zu setzen. Eine fast traumartige Sequenz in einer Käserei, bringt mehr Verwirrung und Klarheit. Und dann ist da noch der Blondschopf, der seinen ersten stummen Auftritt in der Schusterei hat und danach immer wieder in anderen Orten rund um Wien auftaucht.

    Als Angeliki sich nicht für eine Wohnung entscheiden kann, und an jeder etwas auszusetzen hat, wird Carmen letztendlich genervt. Sie könne doch nicht ihr Geld horten. Doch Angeliki entscheidet sich noch rechtzeitig, dass Carmen mit ihrer Tochter nach Malaga fliegen kann, um dort die Familie zu treffen. Nun verschiebt sich die Handlung dort an die raue Küstenlandschaft, den Streit mit den Schwestern über Verantwortung, und so ziemlich alles andere, was irgendwie nichts mit dem zu tun hat, was der Film ursprünglich erzählen wollte. Da machen sogar die assoziativen Sprünge in Salzwüsten an einer früheren Stelle mehr Sinn.

    Solnicki, und sein großartiger Kameramann Rui Poças kreieren zwar wunderbare Bilder, aber das hilft nichts, wenn der inhaltliche Fokus nicht stimmt. Selten war Wien in solch einer Pracht zu begutachten, jede Einstellung ist vorsichtig gewählt. Das absolute Highlight des Filmes ist die Schlussmontage, in der zu Blacks „Wonderful Life“ das Wiener Nachtleben und die Protagonisten beim Abendessen gezeigt werden. Aber die Ästhetik der sonst auch wenig narrativ zum Ganzen beitragenden Szene reißt das Ruder nicht mehr herum. Letztendlich bleibt man bei der Frage hängen. Wer waren diese Figuren. Sie selbst, warum sind sie da, und was ist jetzt mit Angelikis Apartment?
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    17.02.2022
    18:45 Uhr