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15 Bewertungen
75% Bewertung
  • Bewertung

    Früher ein Autorenfilmer für fantastische Stoffe wie Hellboy oder den überaus unterschätzten Pans Labyrinth, gelangt Guillermo del Toro mehr und mehr in den Blick der Award Academys und Filmverbände. Während er mit The Shape of Water jedoch im Fantasy-Genre blieb und für diesen Streifen mit Preisen überhäuft wurde (u.a. Regie-Oscar), schafft der mexikanische Regisseur mit Nightmare Alley ein stilistisch stilsicheres Werk, welches Anleihen im Übernatürlichen findet, im Endeffekt aber eine in der Realwelt verhaftete Parabel über Gier, Täuschung und Hybris ist.

    Wir verfolgen den Scharlatan Stan (gut gespielt von Bradley Cooper), der sich im Geschäft eines Jahrmarktes verdient macht und Erfahrungen sammelt. Später zieht er mit Molly (kommt leider zu kurz: Rooney Mara) in die große Stadt und wird von Lilith (nicht überraschend herausragend, hier als Femme Fatale: Cate Blanchett) in eine mysteriöse Beziehung aus Trug und Schein verwickelt. Langsam schreitet die Erzählung voran und zum Ende hin bei 150 Minuten Laufzeit ergeben sich Längen und der Film verliert das Publikum ein wenig. Die Unzuverlässigkeit des Erzählers spiegelt sich in einer Distanz zwischen Zuschauer: in und Hauptfigur wider, was dazu führt, dass der emotionale Kern des Films etwas fehlt. Die sichtbare Welt bleibt kalt. Mit traumhaften Rückblenden in Stans Leben soll dem Innenleben und der Vergangenheit von Stan ein stärkeres Gewicht verliehen werden, was jedoch nicht vollends gelingt.

    Atmosphärisch überaus dicht inszeniert del Toro diesen Einblick in die 1930er Jahre. Die starke Kamera von Dan Laustsen (verdient Oscar-nominiert) gleitet sanft über den Boden, schwenkt quer zu Cate Blanchett im Spotlight und saugt uns mit Zooms in die Handlung und die zwiespältigen, interessanten Charaktere des Jahrmarkts. Zweites Highlight ist das Produktionsdesign. Auf dem Jahrmarkt fühlen wir uns völliger Authentizität ausgesetzt: magenverstimmende Präparate, dreckige Zelte und aufregende Ausstellungsobjekte ziehen den Blick auf sich. Später kommen kafkaeske expressionistische Bauten und Räume in der großen Stadt hinzu. Überzogen ist das Kamerabild von einer CGI-Patina, die teilweise übertrieben wirkt, insgesamt sieht der Film aber grandios aus. Insbesondere der erste Teil im Jahrmarkt kann sehr überzeugen, die Exposition gelingt, weite Landschaften und niedrige Kameraeinstellungen zeigen uns die überhöhten Menschen im Kontrast zu Umgebung, die persönliche Ebene soll auf eine höhere Ebene skaliert werden.

    Neben den bereits erwähnten Figuren finden sich auch in den Nebenrollen exzellente Schauspieler:innen, die Besetzung kann sich sehen lassen. Willem Dafoe, Toni Collette, Ron Perlman und David Strathairn runden den Cast ab, der sich nichts vorwerfen kann. Eine sehr gute Leistung.

    Fazit: Regie, Kamera, Szenenbild, Ästhetik, Besetzung – der Film hat seine klaren Stärken. Und seine Schwächen. Die Dramaturgie fesselt wenig, zum Ende hin mangelt es an einer spannenden Struktur. Ob durch Handlungen oder die Psyche der Personen, hier wäre mehr drin gewesen im Hinblick auf das Drehbuch. Der Stil übertrumpft die Handlung, weshalb der Film zwar sehenswert ist, letztendlich aber eher schneller als langsamer vergessen wird.
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    05.04.2022
    11:16 Uhr
  • Bewertung

    Tolle Builder, tolle Ausstattung, tolle schauspielerische Leistungen, aber für meinen Geschmack zu langatmig dafür, dass schon Lange vor dem Ende klar ist wie es ausgehen wird.
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    27.02.2022
    22:05 Uhr
  • Bewertung

    Märchen vom Täuschen und Getäuscht-Werden

    Exklusiv für Uncut
    Guillermo del Torros neuester Kinofilm wirkte für mich trotz der beinharten und ohne Umschweife erzählten Geschichte wie ein Märchen mit einer ganz besonderen Moral der Geschichte. Märchen deshalb, weil der Film in einer großteils zauberhaften Welt angesiedelt ist, einer Welt voller Geheimnisse, Sonderbarkeiten und allerlei Mysterien. Eine Welt für sich, ein von der Außenwelt scheinbar unabhängiger Ort, an dem sich Künstler vom Rest der Welt zurückziehen, um diesen zugleich mit ihren Tricks zum Staunen und so mancher Grausamkeit zum Schrecken zu bringen. Aber auch in dieser Welt, in der moralische Regeln ebenso wenig zu gelten scheinen wie Gesetze und Ordnung der Welt außerhalb des Jahrmarktgeländes gibt es so etwas wie Hierarchie, Unterordnung und solche Menschen, die andere für ihre Zwecke mit einem Lächeln im Gesicht schamlos benutzen und täuschen. Ein Mikrokosmos in buntem Gewand, der den Besucher*innen angenehme und weniger angenehme Schauder beschert, ihnen aber zugleich in so manchem Spiegelkabinett der Sünde den Spiegel vorhält und ihnen bewusst macht, dass auch sie Sünder sind - auch wenn sie die Welt nicht für solche hält, die Artisten am Jahrmarkt allerdings schon.

    Guillermo del Torro setzt in seinem Film auf wunderschöne Film-Noir Sets und Überblendungen, die Bilder sind auf besondere Weise beleuchtet, sodass sie die Gesichter vor dunklem Hintergrund zum Strahlen bringen und der rote Lippenstift so mancher Dame besonders kräftig zum Vorschein kommt. Fans dieses Stils können den Film daher derzeit im Wiener Gartenbaukino in einer Schwarzweiss-Fassung bewundern. In seiner Geschichte kreist er um einen jungen Mann namens Stanton Carlisle, auf der Suche nach Arbeit und einem Neustart nachdem sich in seinem Leben eine tragische Wendung zugetragen hatte, vor der er auf der Flucht ist. Unterwürfig, alles anpackend, aber zugleich hellwach aufmerksam für alles, was sich ihm anbietet, um es für seine Zwecke zu nutzen: das Vertrauen von Wohlgesinnten ebenso wie den Respekt der Anführer. Seine Lebensgeschichte wird zu einem Märchen, in dem der amerikanische Traum (vom Hilfsarbeiter zum Bühnenstar) ebenso vorkommt wie die kriminelle Unterwelt und das Recht des Stärkeren.

    Am Ende siegt die Gerechtigkeit, denn wer Andere immer täuscht, der kann auch selbst getäuscht werden und sehr steil abstürzen...

    Der Film ist keine leichte Kost, denn er spart nicht mit Szenen, die ob ihrer Gewalt und Grausamkeit verstörend wirken, er setzt dem Glanz und Glamour von Stars die Fratze des hohlen Scheins aufs Gesicht, deren breites Grinsen kurz aufkeimende Faszination bald wieder zunichte macht. Er deckte die Abgründe menschlicher Psyche auf, zeigt, was Schuldgefühle Menschen und ihrem Umfeld antun und welche Folgen sie auslösen können und wozu Menschen imstande sind, wenn sie nur richtig verzweifelt sind. Glaube kann Berge versetzen, aber auch in Untiefen des Leides führen, aus dem es bald kein Entrinnen mehr gibt.

    Bradley Cooper hat mich in der Hauptrolle einfach nur fasziniert, so wandlungsfähig zeigt er sich während der gesamten Geschichte: hilflos und -bedürftig, Halt und Liebe suchend, gerissen und skrupellos, hinauf zum Star und hinab ganz hinunter.

    In den Nebenrollen gibt es allerlei Stars zu bewundern, allesamt in ihrer Nische mit viel Liebe zum Detail gezeichnet und mit genug Screentime, dass sie ihre Stärken auf der Leinwand auch einsetzen können. Ein großartiger Film, der scheinbar in einer vergangenen Welt angesiedelt ist, aber verblüffend viel Aktualität bis heute besitzt.
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    06.02.2022
    17:01 Uhr
  • Bewertung

    A Road to Hell

    Guillermo DelTorro ist erneut ein magischer Film gelungen, der vom Aufstieg und Fall eines geldbesessenen Blenders erzählt …
    Bild, Ausstattung und Schauspieler sind grandios, aber was mich begeistert, ist die Story und die schöne Abrundung des Films, das man mit Fortdauer der Handlung erahnt und trotzdem den Zuschauer nicht kalt lassen kann.
    Bradley Cooper ist wirklich gut. Willem Dafoe jedoch gibt dem Film seinen besonderen Touch!
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    27.01.2022
    20:23 Uhr
  • Bewertung

    ästhetisch sehr ansprechender Film Noir

    Guillermo del Toros neuer Film ist zuerst mal visuell einfach wunderschön was Ausstattung, Kostüme und die Bilder betrifft - Noir auch in den gedeckten Farben und dem gefühlt ständigen Regen beim Zirkus (der später in der Stadt zu Schneefall wechselt). Der Cast ist sowieso einfach sensationell. Der erste Teil des Films beim Zirkus ist eine einzige Hommage ohne jedoch sentimental zu sein und die grausamen Seiten auszublenden. Überhaupt werden die grausamen Seiten nicht ausgeblendet, die Geschichte von Aufstieg und Fall des Stanton ist durchgängig düster bis sehr düster mit einzelnen hellen Lichtblicken (also Molly). In der Stadt verliert der Film etwas an Fahrt, um dann plötzlich für meinen Geschmack etwas zu viel in Richtung Gore abzudriften, was nicht nötig gewesen wäre. Da hätte ich dafür lieber etwas mehr Einsicht in den Charakter der Psychiaterin gehabt. "Shape of Water" gefiel mir besser, aber "Nightmare Alley" ist für Fans des Regisseurs definitiv ein must-see.
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    24.01.2022
    21:21 Uhr