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    Walter, Hannah und Sabeth

    Volker Schlöndorff hat den Roman von Max Frisch mit sehr viel Einfühlungsvermögen verfilmt. Das ist hier auch von Nöten, denn wenn sich ein anfängliches Liebesverhältnis als ein Vater-Tochter Verhältnis entpuppt, geht es hauptsächlich um Gefühle. Drei grandiose Darsteller veranschaulichen dieses echt tragische Drama. Es ist von berührender Tragik, denn Vater (Sam Shepard, herrlich knurrig und sensibel) – Tochter (Julie Delpy, die Kindfrau) treiben ja unbewusst Inzest. Aber sie tun es zu einer Zeit, da beide nichts davon wissen. Geschickt werden über diverse Namen erste Anhaltspunkte deutlich. Und die Frau, die zwischen Faber und ‘Sabeth‘ steht, Hanna (Barbara Sukowa), die aber auch gleichzeitig das Bindeglied zwischen den beiden ist, kommt erst ganz am Schluss ins Blickfeld. Schlöndorff macht eine Spiralfassung aus der Handlung: Anfang ist gleich Ende, nur jetzt klarer, weil wir den Unterschied verstehen. Es ist eine Geschichte aus Zufällen und Fügungen, die eine schicksalhafte Entwicklung nehmen. Die Handkamera betont das Flüchtige des Augenblicks und dokumentiert zugleich für die Ewigkeit.
    Die Affäre beginnt bei einer Atlantiküberquerung und erhält durch prägnante Dialogfetzen von Anfang an eine surrealistische Facette. Sabeth: ‘Wollen sie mit mir tanzen?‘ Antwort Faber: ‘Wollen sie mich heiraten?‘
    Und auch der Tod hat seinen Part in diesem Liebesdrama. Er kommt zu Sabeth nicht direkt durch einen Schlangenbiss, sondern durch einen Schädelbasisbruch. Bei ihrem angeblichen leiblichen Vater hatte er bereits vorher vorbeigeschaut.
    Und zwischen Hanna und Faber hatte seit vielen Jahren ein Missverständnis bestanden: er hatte mit ihr nur von ‘seinem‘ Kind geredet, nicht wie es Hanna erwartet hätte von ‘unserem‘ Kind.
    Ohne moralisierend zu werten, bleibt allein der Schmerz für die beiden Übriggebliebenen. Und der kommt hier recht kontrolliert daher.
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    02.08.2021
    19:01 Uhr