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    Poetisch, feministisch, fantastisch!

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2020
    Der Film, der in der neuen Berlinale-Reihe Encounters lief, erzählt die Geschichte der Wanderhirtin Laila und beruht auf einer Geschichte des rajasthanischen Schriftstellers Vijaydan Detha. Er bezieht sich dabei auf Lal Ded, eine kaschmirische Mystikerin aus dem 14. Jahrhundert, die sowohl von Hindus als auch von Muslimen verehrt wird. Diese ließ alles zurück, um Gott nahe zu sein – diesen unbedingten Willen, frei zu sein, hat sie mit Laila gemeinsam, die sich ebenfalls stark zur Natur hingezogen fühlt, in der sie fast aufzugehen scheint.

    „Laila aur Satt Geet“ wurde im kaschmirischen Himalaya gedreht und beeindruckt mit wunderbaren, ruhigen Bilder von Land und Leuten, die mitunter auch surreal oder märchenhaft anmuten. Der volkstümliche Ursprung des Filmes spiegelt sich auch im naturbelassenen Licht und in den Bildmotiven wider, und das Nomadische spielt eine große Rolle. Der rajasthanische Regisseur Pushpendra Singh, der 2014 mit „The Honour Keeper“ schon einmal eine Geschichte von Vijaydan Detha für die große Leinwand adaptiert hat, die ebenfalls auf der Berlinale gezeigt wurde, hat hierfür zum ersten Mal in Jammu und Kaschmir gedreht. Dabei hat er sich mit den dort ansässigen Gruppen der Gujjars und der Bakarwals befasst, die einst aus Rajasthan dorthin gingen.

    Es gelingt ihm, das Märchen auf eine zeitgemäße Art und Weise zu erzählen und eine fast subversive Botschaft zu vermitteln. Der Kaschmir-Konflikt wird durch den Bezug auf die von mehreren Religionen gleichermaßen verehrte Dichterin Lal Ded in einen neuen Kontext gesetzt; den aufkommenden Nationalismen setzt Singh die Kraft der Spiritualität entgegen. Die Musik, die im Film vorkommt, ist sehr folkloristisch; so werden traditionelle Instrumente wie die Doppelflöte der Hirten gespielt. Die sieben Volkslieder beschreiben das innere und äußere Leben Lailas, die gleichsam für Kaschmir selbst steht, während der Polizist und der Förster Indien und die kaschmirischen Separatisten symbolisieren. Ihre äußere Schönheit wird zwar bewundert, ihr inneres Seelenleben jedoch ignoriert; sie jedoch nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand und geht ihren eigenen Weg. Es ist faszinierend, ihr beim Wäschewaschen im Fluss oder im Umgang mit ihren Schafen zuzusehen, so sehr geht sie in den einzelnen Tätigkeiten auf.

    Poetisch, feministisch, fantastisch!
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    15.04.2020
    00:12 Uhr