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    The Candyman can!

    Exklusiv für Uncut
    Wenn man fünfmal hintereinander seinen Namen vor einem Spiegel sagt, dann kommt er einen holen: der Candyman! So lautet die urbane Legende, auf die der schwarze Künstler Anthony McCoy stößt und aus welcher er neue Inspiration für seine Bilder zieht. In seinen Recherchen begibt er sich in die Geschichte Chicagos und dem Housing Project Cabrini Green Homes. Als Anthony realisiert was er losgetreten hat, ist es bereits zu spät – der Candyman ist da.

    Regisseurin Nia DaCosta (Little Woods, 2018), präsentiert mit „Candyman“ eine erschreckende, aber auch faszinierende Gruselgeschichte, die sich von einer spielerischen Mutprobe zu einer anprangernden Reflexion zum Umgang mit Geschichte wandelt. Das Drehbuch, welches sie gemeinsam mit Jordan Peele und Win Rosenfeld geschrieben hat, schafft es geschickt Thematiken wie rassistische Gewalt, Gentrifikation und Kunst zu verweben. Man merkt bei einigen Stellen den Einfluss von Jordan Peele (speziell einige sehr witzige Momente, erinnern an „Get Out“) welcher den Film unter anderem auch mitproduzierte, jedoch hat DaCosta eine klare, eigene Handschrift. Ihr Inszenierung ist äußerst elegant und schafft es jeder Szene Spannung zu verleihen, ohne sich in Effekthascherei zu verlieren. Die Spannung resultiert aus ihrer klaren Schauspieler*innenführung, den perfekt platzierten Schnitten sowie dem eindringlichen Soundtrack von Robert A. A. Lowe. Gemeinsam mit Kameramann John Guleserian erschafft DaCosta eine intrikate Welt aus Spiegeln, Reflexionen und menschlichen Abgründen.

    Yahya Abdul-Mateen II („Wir“) spielt den Künstler Anthony mit Charme, Charisma und einer gehörigen Portion Wahn. Ohne Schnörkel vollzieht sein Charakter emotionale Wandlungen höchster Stufe. So tut es beizeiten physisch fast weh, Anthony auf seiner Reise in die Geschichte zu begleiten. Umgeben ist er dabei von einem starken Cast allen voran Teyonah Parris, die seine Freundin spielt und Colman Domingo, welcher Anthony begleitet.

    DaCosta verzichtet so gut wie ganz auf Jump-Scares und zieht den Horror aus ihrer Inszenierung so wie Guleserians Kameraarbeit. Das Duo überschüttet den Zuschauer auch nicht mit Körperhorror, sondern setzt starke Bilder effektiv, aber dezent ein, um Unbehagen auszulösen. DaCosta setzt deutlich auf ein generelles Gefühl von Spannung und Schrecken und weniger auf einzelnen „Horror“-Szenen.

    „Candyman“ ist sicher einer der stärksten Filme des Jahres, speziell was das Horrorkino anbelangt. DaCosta liefert eine gelungene Meditation über Schmerz und seine Folgen. Aktuelle Themen werden mühelos mit einer urbanen Legende verbunden und ergeben einen Albtraum, welcher noch lange nach dem Kinobesuch im Gedächtnis bleibt.
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    25.08.2021
    18:01 Uhr