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    Ein Sommer an der Côte d‘Azur

    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    2009 wurde die Öffentlichkeit erstmals auf den Namen Zahia Dehar aufmerksam, nachdem die damals 17-jährige in einen Sexskandal verwickelt war, bei dem Mitglieder des französischen Fußballnationalteams - u.a. auch Starkicker Franck Ribéry – beschuldigt wurden, für die sexuellen Dienste der damals Minderjährigen bezahlt zu haben. Dank ihrer immer noch enorm hohen Medienpräsenz wurde Regisseurin Rebecca Zlotowski auf die heute als Model arbeitende Dehar aufmerksam und verschaffte ihr eine Rolle in ihrem neuesten Film „Ein leichtes Mädchen“ (Une fille facile)“. Parallelen zur Realität lassen sich dabei nicht abstreiten.

    Die 16-jährige Naïma (Mina Farid) lebt gemeinsam mit ihrer Mutter, die als Putzfrau in einem renommierten Restaurant tätig ist, unter bescheidenen Verhältnissen in der Luxusmetropole Cannes. In den Sommerferien will sie gemeinsam mit ihrem besten Freund Dodo (Lakdhar Dridi) für ein Theaterstück vorsprechen. Doch dann bekommt sie Besuch von ihrer Cousine Sofia (Zahia Dehar), die einen ganz anderen Lebensstil an den Tag legt, als Naïma es gewohnt ist. So verbringt diese ihre Zeit mit reichen Männern, lässt sich dabei von leidenschaftlichen Gedanken leiten und teuren Geschenken überhäufen. Als die Cousinen die deutlich älteren Männer Andres (Nuno Lopes) und Philippe (Benoît Magimel) kennenlernen, erlebt Naïma einen Sommer voll Wohlstand und Reichtum, den sie nicht so schnell vergessen wird.

    Bei Zlotowksis „Ein leichtes Mädchen“ handelt es sich um einen Coming-of-Age-Film, dessen gesellschaftlicher Kommentar allerdings weitaus tiefer geht, als dass er sich nur mit der Adoleszenz beschäftigt. Er zeigt junge, einkommensschwache Frauen, die es auf ältere, vermögende Männer abgesehen haben. Oder ist es nicht doch eher umgekehrt? Wer spielt mit wem, wer nutzt letztendlich wen aus? Sofia meint zwar, ein freies Leben zu führen, aber wieviel Wahrheit steckt wirklich dahinter?

    Naïma steht zwar im Zentrum der Handlung, ihr wird aber eher eine beobachtende Rolle zugeschrieben, da ganz klar Sofia die meiste Aufmerksamkeit gilt. Im Laufe der Handlung ändert sich aber Naïmas Bild von der Cousine und es gelingt ihr, ihren Weg in die weibliche Selbstbestimmung zu finden, die ihr Sofia zwar vorzuleben scheint, im Endeffekt aber fraglich ist. Weder unter dem Einfluss Sofias stehend noch die Träume ihres besten Freundes Dodos als ihre eigenen anzunehmend, schafft sie es so, letztendlich zu sich selbst zu finden.

    Die simple, ruhige Erzählweise und der schöne Hintergrund der Côte d’Azur sorgen dafür, dass sich der Film als eine Chronik eines Sommers erweist, den man so nur als Jugendliche erleben kann. Die Schwüle ist zwischen den Bildern spürbar, die Tristesse der Ferien ebenso. Im Kontrast dazu steht das Jetset-Leben, das allerdings nur auf den ersten Blick aufregender zu erscheinen scheint, als dies dann letzten Endes der Fall ist. Es handelt sich um einen Film, der die Flüchtigkeit betont. Und dieses Gefühl einzufangen - das ist der Regisseurin auf jeden Fall gelungen.
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    29.10.2019
    22:42 Uhr