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    Politik für Österreich, Österreich, Österreich

    Exklusiv für Uncut
    Der Film „Inland“ begleitet seine ProtagonistInnen von Beginn an hautnah, schon die erste Einstellung macht dies deutlich. In dieser fährt die Kamera zusammengepfercht mit einem der Protagonisten, ohne ein Wort zu wechseln, im Fahrstuhl zu dessen Wohnung. Neben der Wohnung, als privates Refugium, werden dann auch die Arbeitsstätten und Stammkneipen zu Aufnahmesituationen, in denen sich die Befragten der Regisseurin offenbaren. Es sind Situationen und Orte in denen man förmlich spürt, wie sich die Figuren der Kamera und dem Mikrofon gegenüber öffnen können ohne hinterher angeklagt zu werden.

    Ulli Gladik schafft diesen Raum, in dem die Menschen alles sagen können was ihnen am Herzen liegt, indem sie eine enge Verbindung zu ihren GesprächspartnerInnen herstellt. So fragt sie sie zwischendurch auch nach ihrem Befinden, den Angehörigen und ähnlichem. Die Filmemacherin scheint ihre GesprächspartnerInnen schon länger zu kennen und kann dadurch Fragen stellen, die nicht jeder stellen könnte und bekommt dann auch Antworten, die nicht jeder bekommen würde. Herausgekommen ist dadurch ein Film, der die Interessen, Ängste und Wünsche von Menschen abbildet, die sonst nicht zu Wort kommen. Diese befinden sich sonst in ihrer eigenen Blase, so wie auch die linke Seite der Gesellschaft sich in ihrer Blase befindet. „Inland“ ist ein Film der diese Abgrenzung aufzuheben und beiden Seiten die jeweils andere verständlicher zu machen versucht.

    Dabei spannt die Regisseurin von Beginn zum Ende einen Bogen, der die ProtagonistInnen zunächst einführt und sich öffnen lässt, um dann am Ende tiefgründigere Fragen zu stellen, die sie zum Denken anregen. Die Figuren kommen einem so näher und näher und damit greifbarer. Man versteht folglich mitunter ihre Lagen und Meinungen, da man ihren Hintergrund und ihre Geschichten erfahren hat. Diese Entwicklung wird zum Schluss des Films jedoch gebrochen, da einerseits Aussagen zu extrem und unreflektiert sind und anderseits die Figuren von der Regisseurin auf Widersprüchlichkeiten aufmerksam gemacht werden. Auf bestimmte Fragen wissen die GesprächspartnerInnen dann keine objektiven, sondern nur mehr subjektive und teils auch hasserfüllte Antworten zu geben.

    Alles in Allem ein wichtiger Film für die österreichische Gesellschaft, der hoffentlich nicht nur vom linken Spektrum aufgenommen wird, sondern wie es der Film intendiert eine Öffnung beider Blasen veranlasst. Den Linken könnte der Film helfen die andere Seite zu verstehen und den Rechten könnten manche Widersprüchlichkeiten die Augen und Ohren öffnen. Es wäre auch höchstens an der Zeit wieder eine Gesprächsbasis zu finden, um das Auseinanderdriften unserer Gesellschaft aufzuhalten.
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    29.04.2019
    22:52 Uhr