1 Eintrag
3 Bewertungen
63.3% Bewertung
  • Bewertung

    Wenig Tiefe für eine ungewöhnliche Geschichte

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2019
    Es ist ein ungewöhnliches Thema, dem sich Isabel Coixet in ihrem Film „Elisa & Marcela“ widmet. Die erste gleichgeschlechtliche Ehe im konservativen katholischen Spanien des Jahres 1901 sollte eigentlich inhaltlich viel hergeben, umso enttäuschender ist es was für ein langwieriges, teilweise unfreiwillig komisches Melodrama der Film geworden ist.

    Der Film eröffnet seine Handlung im Jahr 1925 in Argentinien. Eine junge Frau reist zu einem einsamen Haus vor dem sie eine gealterte Marcela (Greta Fernandez) sitzen sieht. Die ältere Frau beginnt ihrer Besucherin ihre eigene Geschichte zu erzählen, welche in der spanischen Stadt La Coruna im Jahr 1898 ihren Anfang nimmt. Dort lernt die junge Marcela an ihrer neuen Schule die ältere Elisa (Natalia de Molina) kennen, eine Rebellin, die erklärt nicht an Gott zu glauben. Die beiden Mädchen verlieben sich ineinander, etwas was Marcelas Vater äußerst missfällt. Er versucht die beiden voneinander fernzuhalten und schickt Marcela auf eine Schule in Madrid. Doch lange haltet dieses Arrangement nicht. Drei Jahre später ist Elisa als Lehrerin La Coruna tätig als eines Tages Marcela vor ihrer Tür auftaucht. Die beiden nehmen ihre leidenschaftliche Beziehung wieder auf. Das Dorf erkennt bald die wahre Beziehung zwischen den beiden Frauen und beginnt sie auszuschließen. In einem verzweifelten Versuch doch noch ihr Glück zu finden, lässt sich Marcela von einem Mann schwängern und Elisa taucht als Mann verkleidet im Dorf auf um Marcela um ihre Hand zu bitten. Die Ehe wird geschlossen, doch die Gemeinschaft lässt sich nicht ewig täuschen. Die beiden müssen nach Portugal fliehen, wo sich ihr weiteres Schicksal entscheiden wird und wieder in jene Anfangsszene in Argentinien zurückspeist.

    Coixet schafft es den Film in seinen ersten Zügen simpel und einfühlsam auf die Leinwand zu bannen. Die Figuren agieren und reden vielleicht nicht wie Menschen des späten 19. Jahrhunderts, aber der Film funktioniert auf eine charmante Art und Weise. Erst als die Regisseurin sich dem sinnlichen Teil ihrer Geschichte zuwendet, kippt das Bild ins unfreiwillig komische. Coixet versucht der sexuellen Erfüllung der Frauen etwas Sinnliches zu verleihen, endet aber mit einer etwas bizarr mit Handkamera gefilmten Sexszene und etwas später einem Dreier mit einem Oktopus, den die Frauen eigentlich verspeisen wollen.

    Die Inszenierung und das Argument für Liebe unabhängig der sexuellen Präferenzen ist ein Anliegen, das Coixet immer wieder betont. Ein Argument gegen die diskriminierenden Praktiken, die Homosexuelle auf der ganzen Welt noch ertragen müssen. Doch der Wunsch diesen Punkt so glasklar rüber zu bringen entzieht dem Film die nötigen emotionalen Feinheiten. Statt sich auf komplexe Weise mit den Traditionen und Einstellungen der Menschen der damaligen Zeit auseinanderzusetzen, wendet sie sich, wörtlich gesehen, dem schwarz und weiß Anstrich eines aufgeblähten historischen Dramas zu.

    Die Figuren verkommen so weniger zu Persönlichkeiten, sondern dienen als Botschafter einer größeren Message. So wird auch nochmals ein Buch von Emilia Pardo Bazán in den Mix geworfen, einer vorausdenkenden Feministin, das Marcelas Mutter heimlich liest. Weil, wenn schon, dann gleich das ganze Spektrum weiblicher Emanzipation gegen die unterdrückenden Männer im Film.
    Das reale Leben von Elisa Sánchez Loriga und Marcela Gracia Ibeas ist ein spannendes Stück LGBTQ-Geschichte und es ist schade, dass der Film, um sie zu würdigen, letztendlich um so viel weniger faszinierend und komplex geworden ist.
    susn_15a35adfde.jpg
    29.07.2019
    22:35 Uhr