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    Japanisches Superhelden-Kino mit Tiefgang

    Exklusiv für Uncut vom Slash Filmfestival
    Heutzutage ist in Filmkreisen oft von einer sogenannten Superhelden-Fatique die Rede. Zahlreiche Leute meinen vom vermeintlich immer ähnlich konstruierten Superhelden-Streifen der Marke Marvel oder DC bereits übersättigt zu sein und wünschen sich mehr Abwechslung. Wer also Superhelden-Kino sehen möchte, das zur Abwechslung mal in eine völlig andere Richtung geht, als wir es in der westlichen Welt gewohnt sind, sollte sich auf jeden Fall die Manga-Verfilmung „Inuyashiki“ von Regisseur Shinsuke Sato zu Gemüte führen. Sato konnte zuvor schon mit Actionfilmen wie „Gantz“ (2010) oder dem 2016 erschienenen Asia-Kassenschlager „I Am A Hero“, der 2016 beim /slasheinhalb seine Österreich-Premiere feiern durfte, großes Aufsehen in der Filmwelt erregen.

    „Inuyashiki“, der auf der gleichnamigen Manga-Reihe von Hiroya Oku basiert, erzählt vom Mitte 50-jährigen Arbeiter Ichiro Inuyashiki, der mit seiner noch recht frischen Krebsdiagnose zu kämpfen hat. Eines Tages gerät er in einem Park in eine mysteriöse Licht-Explosion, die sein Leben schlagartig verändert. Als er danach wieder zu Bewusstsein kommt, muss er feststellen, dass er nun ein Cyborg mit unvorstellbaren Superkräften ist. Da sein neuer mechanischer Körper auch Heilfähigkeiten besitzt, entschließt er sich dazu Schwerkranken und Menschen in Not zu helfen. Ichiro war jedoch nicht die einzige Person, die in der Licht-Explosion ivolviert war, denn auch der Highschool-Schüler Hiro Shishigami wurde Teil dieser und besitzt nun auch dieselben Kräfte. Im Gegensatz zu Ichiro verwendet Hiro jedoch seine neugewonnen Superkräfte nicht dazu Gutes zu tun, sondern um sich an all den Personen, die ihm Unrecht getan haben, zu rächen. Es dauert nicht lange bis Hiro seine neue Macht zu Kopfe steigt und er sich für ein gottähnliches Wesen hält. Ichiro sieht sich naürlich dafür verantwortlich, Hiros düsteren Plänen Einhalt zu gebieten und dadurch die Bürger Japans vor einer Katastrophe zu bewahren.

    Was „Inuyashiki“ in der großen Menge an Hollywood-esquen Superhelden-Filmen definitiv herausstechen lässt, ist die Entscheidung, die Charaktere über die meiste Zeit hinweg in ihrer Menschlichkeit zu grundieren, anstatt diese von ein auf den anderen Tag zu gottähnlichen Übermenschen ohne Tiefe werden zu lassen. So verzichtete Sato (zumindest gegen Anfang) weitgestgehend auf effekthaschendes Bombastkino und nimmt sich viel Zeit um die beiden Protagonisten einzuführen sowie deren persönliche Probleme zu erläutern. Während Ichiro als gutmütiger Vater, der im Moment aber ein recht gefühlsdistantes Verhältnis zu seiner Familie pflegt etabliert wird, wird Hiro zunächst als Außenseiter mit Hang zum Größenwahn gezeichnet. Durch die ausführlichen Einführungen der Hauptcharaktere, schafft man es schnell Empathie für die Figuren zu empfinden und schöpft dadurch eine emotionale Ebene, die man oft im Superhelden-Kino vermisst.

    Im letzten Drittel wird jedoch leider die eigentlich größte Stärke des Films plötzlich zur größten Schwäche. War der Film zuvor noch daran bemüht die Handlungsmotive der Charaktere stets so zu gestalten, dass es für den Zuschauer nachvollziebar bleibt, wirkt die radikale Wandlung des Hiro dann doch etwas zu sehr an den Haaren herbeigezogen und seine ursprünglich etablierten Charaktermotivationen nicht mehr wirklich vorhanden. Die zuvor komplex gezeichneten Hauptcharaktere, verfallen plötzlich einer schwarz-weißen Superhelden-Bösewicht-Dynamik, mit der man die zuvor aufgebaute Charaktertiefe ein wenig zu Nichte gemacht hat. Allgemein ist der Showdown des Films im Vergleich zur vorher eher bodenständigen Erzählweise dann doch etwas zu over-the-top und durch repitiv daher kommende Szenen auch etwas zu lang geraten.

    Fazit: Auch wenn sich Shinsuke Satos „Inuyashiki“ gegen Ende etwas zu sehr in banalen Genre-Konventionen verliert, kann die Manga-Verfilmung den Großteil der Lauflänge hinweg nichtsdestotrotz überzeugen. Energiegeladenes und überraschend authentisch gespieltes Superhelden-Drama made in Japan, das erfrischenderweise zumeist mehr Wert auf die Emotionen seiner Charakter als auf Effekt-geladenes Action-Kino mit hektischen Schnitt legt. Sehenswert!
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    25.09.2018
    15:41 Uhr