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    Unterhaltsames Puppen-Gemetzel in Nazi-Gewand

    Exklusiv für Uncut vom Slash Filmfestival
    Puppen-Horror erfreut sich schon seit langer Zeit als Sub-Genre großer Beliebtheit. Weitläufig dürfte den meisten natürlich die hochbeliebte und bereits sieben Teile umfassende „Chucky“-Reihe ein Begriff sein, aber auch in den letzten Jahren waren Horror-Puppen mit Werken wie „Dead Silence“, „The Boy“ oder den beiden erfolgreichen „Annabelle“-Filmen omnipräsent im Kino vertreten. Auch wenn die „Puppet Master“-Reihe nie wirklich den Mainstream erreicht hat, konnte die Serie immerhin innerhalb ihrer Nische zahlreiche Fans für sich gewinnen. So wurde die Reihe rund um die Killerpuppen des Puppenmachers André Toulon, die viele Jahre nach dessem Tod zum Leben erwachen, seit der Veröffentlichung des Originals im Jahre 1989 um sage und schreibe 10 Fortsetzungen erweitert. Die Continuity der Rahmenhandlung wurde über die zahlreichen Fortsetzungen hinweg jedoch nicht wirklich aufrecht erhalten. Wurde die Figur des André Toulon in den alten Teile noch von Nationalsozialisten gejagt, ist dieser mittlerweile selbst zum Nazi transformiert worden und dessen Puppen zu seinem ebenso politisch inkorrekten Gefolge.

    Auch für den nun bereits elfen Teil der Reihe, der mit dem Titel „Puppet Master: The Littlest Reich“ daherkommt und auch als Reboot bezeichnet werden könnte, ließen die Macher Toulon und seine Puppen zu Killergestalten mit rassistischen, anti-semitischen und homophoben Motiven verkommen.

    Als jemand, der sich zugegebenermaßen im Vorhinein lediglich online ein paar Informationen über die vorangegangenen Teile durchgelesen hat, war ich überraschend angetan von diesem in Blut und Gedärmen getränkten Splatterfest.

    Inszeniert wurde der neueste Eintrag ins „Puppet Master“-Universum von Sonny Laguna und Tommy Wiklund (u.A: „Wither“, 2012). Das Drehbuch zum Film steuerte Filmemacher S. Craig Zahler bei, der zuvor bereits für Genre-Beiträge wie „Bone Tomahawk“ und „Brawl in Cell Block 99“ gefeiert wurde.

    Bereits die Anfangssequenz, in der André Toulon (in dieser Version vom famosen Udo Kier verkörpert) in einer Bar seinen einzigen menschlichen Auftritt im gesamten Film abliefert, schafft es das Regie-Duo durch Style und selbstironisch trashigen Dialog den passenden Ton für das folgende Gemetzel zu setzen. Gefolgt wird diese Sequenz von einer wunderschön animierte Titelsequenz, die durch Skizzen die Geschichte von Toulon und seinen unheimlichen Nazi-Puppen erzählt. Dieses kann auch als kleines Foreshadowing auf unseren Protagonisten und Helden des Films Edgar (Thomas Lennon), einem Comicbuchzeichner, der im Haus seiner Kindheit eine von Toulons Puppen vorfindet, angesehen werden.

    Die darauffolgende Hauptrahmenhandlung des Films setzt zwar in Puncto Charakterdarstellung fast ausschließlich auf einseitige Stereotypen, bedient sich dieser aber mit einem solch verspielten und charmanten Augenzwinkern, dass man als Zuschauer dabei wirklich viel Spaß hat. Besonders der Charakter des Markowitz – der Boss des Comicbuchladens, in dem Edgar arbeitet – dient durch dessen überspitzt dargestellte jüdische Herkunft in Zusammenhang mit den Nazi-Puppen für einige große Lacher im Film, die jedoch auch manchmal an die Grenze der Geschmacklosigkeit stoßen. Allgemein schafft es Zahlers Drehbuch aber, ohne viele unnötige Nebenhandlungsstränge zu konstruieren, stets konsequent im Geschehen zu bleiben.

    Das Herzstück des Films bilden zweifelsohne die Splatter-Momente, die vor allem durch kreative Einfälle und handgemachte Gore-Effekte punkten können. Überraschend ist dabei vor allem die Härte dieser Sequenzen: Ob nun durch den Magen einer hochschwangeren Frau oder eine besonders ekelerregende Szene auf der Toilette - bei den Morden von Toulons Puppen wurde definitiv nicht an Kunstblut gegeizt. Gegen Ende scheint es ein wenig so als wären den Machern die Ideen ausgegangen, denn eine zentrale Szene im letzten Drittel artet in einen fast schon zu hektisch gefilmten Blutrausch der Puppen aus, der den verspielten Einfallsreichtum der vorherigen Mordszenen missen lässt. Immerhin findet der Puppen-Slasher im Anschluss schon bald wieder in seinen zuvor etablierten Flow hinein und schafft es in der sehr unterhaltsamen Endsequenz sogar eine kleine Metaebene zu eröffnen.

    Erstaunt war ich wiederum wie versiert das Ganze auf audiovisueller Ebene in Szene gesetzt wurde. Durch geschickt gewählte Kameraeinstellungen gelang es den Regisseuren Lakuna und Wiklund trotz des meist lockeren Tons Suspense und innerhalb des Hotels, in dem der Großteil des Films angesiedelt ist, gar ein klaustrophobisches Gefühl aufkommen zu lassen. Der stimmige Score des Italieners Fabio Frizzi verleiht den Metzelszenen dann noch den zusätzlichen Kick.

    Es lässt sich also sagen, dass „Puppet Master: The Littlest Reich“ zwar bestimmt kein Meilenstein der jüngeren Horrorgeschichte werden wird, aber durch kreative und nicht an Blut sparenden Kills fast durchgehend großen Spaß macht.

    Amüsant, ideenreich, stylish und natürlich sehr graphisch - eine Horror-Fortsetzung, die tatsächlich Bock auf mehr macht!
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    24.09.2018
    07:14 Uhr