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82.5% Bewertung
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    Grauenvolle Erkenntnise

    Ganz seltene Film Kost aus Dänemark. Ein spannendes Ein-Personen-Stück! Der Beamte Asger (Jakob Cedergren) hat Dienst in der Notrufzentrale der Polizei. Es ist eine Strafversetzung, weil gegen ihn ermittelt wird. Er hatte einen jungen Gewaltverbrecher ohne Not erschossen. Wir sehen ihn fast ausschließlich während der ganzen 85 Minuten. Durch immer wieder abgebrochene, dann fortgesetzte Telefonate erfährt Asger von einer Familientragödie. Je nach Informationsstand wird eine Mutter von zwei Kindern von ihrem Ex entführt. Asger entwirrt die etwas konfuse Situation, in der Mutter Iben anfangs nur Opfer ist. Er gibt ihr noch Tipps, wie sie sich gegen den gewalttätigen Ehemann Michael befreien kann. Die kleine Tochter Mathilde schildert eine ganz andere Lage der Familie. Sie ist zuhause allein mit ihrem kleinen Bruder. Durch geschickte Fragestellungen klärt Asger sich und die Zuschauer nach und nach immer mehr auf. Da ist Blut an Mathildes Händen, Iben wirkt orientierungslos. Immer neue Fragen werden durch die sich ständig ändernde Situation aufgeworfen. Wird Iben vom Ex entführt oder will der sie in die Psychiatrie bringen? Zwei Informationen steigern die Spannung: Iben steht auf einer Brücke und will sich das Leben nehmen. Asger muss am nächsten Tag vor Gericht als Zeuge aussagen. Alle Beteiligten sind titelgemäß ‘schuldig‘. Und alle Zuschauer werden in den Bann des freundlichen, telefonierenden Polizisten gezogen und von der Erkenntnis eingeholt, dass der Übergang von Gut zu Böse oft fließend ist…
    Ist mal was anderes. Ein Renner für Filmfestivals!
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    28.04.2021
    07:48 Uhr
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    Hochspannung in der Notrufzentrale

    Exklusiv für Uncut vom Slash Filmfestival
    Thriller oder Dramen, deren gesamte Lauflänge sich nur über einen einzigen Handlungsort erstreckt, gab es in den letzten Jahren zuhauf. Prominente Beispiele hierfür wären natürlich Survivaldramen wie „Buried“ und „127 Hours“, aber auch Hochspannungsthriller wie unter anderem „Nicht Auflegen!“ (2002) oder der exzellente „No Turning Back“ (2014) versetzten ihre Handlung auf eine einzige Lokalität. Letzterer hatte dabei sogar besonders begrenzten Spielraum, denn Regisseur Stephen Knight ließ das gesamte Geschehen lediglich in einem Auto stattfinden, in dem Tom Hardy als einziger sichtbarer Protagonist über Telefonate nach für nach sein vermeintlich makelloses Familienleben in Luft auflösen lässt. Einem ähnlich minimalistischen, wenn auch nicht ganz so limitierten Szenario, bediente sich der schwedische Filmemacher Gustav Möller für sein Langfilmdebüt „The Guilty“, der sich über die gesamte Lauflänge von 85 Minuten hinweg komplett innerhalb einer Notrufzentrale abspielt.

    Bei unserem Protagonisten Asger (Jakob Cedergren) handelt es sich um einen Polizisten, der erst vor kurzem in die Notrufzentrale strafversetzt wurde. Da des Öfteren Personen wegen vollkommener Nichtigkeiten anrufen, betrachtet er die dortige Arbeit zumeist als nervig und entwürdigend, bis eines Abends ein Anruf einer jungen Frau eingeht. Diese berichtet Asger komplett aufgebracht davon, dass sie soeben entführt wurde und dringlingst Hilfe benötige. Als das Telefonat schlagartig beendet wird und die Frau auch nicht mehr erreichbar zu sein scheint, setzt Asger alles daran den Entführer ausfindig zu machen und umgeht dafür sogar einige Vorschriften innerhalb seines Jobs.

    Regisseur Möller inszeniert das Ganze als suspensegeladenes Kammerspiel und konnte dabei ein Maximum aus dem minimalistischen Mikrokosmos des Films herausholen. Dadurch, dass wir durch die Telefonate in der Zentrale die Informationen über die Entführung zeitgleich und auf dieselbe Weise zu hören bekommen wie Protagonist Asger, kreiert der Film Kopfkino, das wieder mal aufzeigt, dass das Nicht-Gezeigte oft mehr im Zuschauer bewirkt, als die direkte Darstellung davon. Um die Spannung stets aufrecht erhalten zu können bediente man sich fürs Drehbuch eines intelligent konstruierten Aufbaus, der von Minute zu Minute durch Telefonate immer mehr über den eigensinnigen Protagonisten und dem Entführungsfall preisgibt. Hinzu kommt die gewiefte Inszenierung, die stets an der Hauptfigur dranbleibt und durch die beschränkten Räumlichkeiten ein Gefühl von Einengung entstehen lässt. Besonders der Ton kommt dabei exzellent zur Verwendung, denn das alleinige Telefonläuten innerhalb der Zentrale bewirkt im Lauf des Films Herzrasen und sich anschleichende Paranoia beim Zuschauer. Das Ganze würde aber nur halb so gut funktionieren, wäre da nicht Hauptdarsteller Jakob Cergren, dessen fantastische Darstellung des Asger den essentiellen emotionalen Sog des Films entwickeln lässt.

    Zusammengefasst lässt sich also sagen, dass Gustav Möller mit seinem Spielfilmdebüt ein wahrer Home Run gelungen ist. „The Guilty“ ist ein miniutiös konstruiertes Mosaik eines Thrillers geworden, dessen einzelne Versatzstücke erst nach und nach zusammenfinden und somit über die gesamte Lauflänge über für nervenzerfetzende Hochspannung sorgen. Ein kompakt getrimmtes, grandios gespieltes und versiert inszeniertes Kammerspiel, das defintiv nichts für schwache Nerven ist!
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    25.09.2018
    22:50 Uhr