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    That’s not a mountain, that’s a picture

    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    Was passiert, wenn man in die Natur eingreifen will? Das ist eine Frage, die sich Filmemacher Rick Alverson wohl vor den Arbeiten an „The Mountain“ gestellt hat. Der Film behandelt das Thema des neurochirurgischen Eingriffs der Lobotomie. Dieser Eingriff wurde früher bei Personen mit psychischen Erkrankungen eingesetzt. Dabei werden Nervenbahnen mit einem Messer durchgetrennt, um bestimmte Regungen und Trieben zu unterbinden. Gleichzeitig tritt mit der Operation aber eine Persönlichkeitsänderung ein, die von Emotions- und Antriebslosigkeit geprägt ist.

    Die Hauptfiguren des Films sind Andy, ein Junge der seine Mutter durch eben jenen Eingriff verloren hat und Dr. Wallace, der diese Operation an der Mutter durchführte und mit der Zeit, so wirkt es, die Vaterposition für Andy einnimmt. Nachdem Andys leiblicher Vater aus ungeklärten Ursachen verstirbt, besucht Dr. Wallace Andy und gibt diesem einen Job als Fotograf bei seinen Eingriffen. Während der Doktor also weiterhin, die umstrittenen Operationen durchführt, ist der Junge nun an dessen Seite, um von den Patienten Porträts zu machen. Diese werden benötigt um zu zeigen, dass die Menschen nach den Operationen noch genauso aussehen wie zuvor.

    Die Optik von „The Mountain“ ist sehr stark strukturiert. Der Regisseur spielt mit symmetrischen Ansichten und den Farbtönen der Aufnahmen, die meist ineinander verschwimmen. Wie der Eingriff der Lobotomie, ist auch das Ziel bei dieser Arbeit aus Diversität ein einheitliches Bild zu erstellen. Andersartigkeit wird in beiden Fällen ausgelöscht und es bleiben Figuren zurück, die sich voneinander nicht mehr unterscheiden. Diese Szenen die eine unterschiedslose und konforme Masse zeigen werden ein paar Mal von Einstellungen unterbrochen die das genaue Gegenteil von dieser Einheitlichkeit darstellen, so wird z.B. eine Eiskunstläuferin gezeigt, die eine Sportart ausübt die davon lebt, dass man sich individuell ausdrückt und sich voll und ganz der Sache hingibt. Und auch die Natur spielt einen Gegenpart zu den puristischen, einheitlichen Innenräumen, indem sie mit ihren organischen Formen die wunderbare Vielfalt wiedergibt, die das menschliche Leben eigentlich ausmacht.

    Alverson inszeniert diesen Film gewollt düster und unzugänglich. Er lässt einen fragend zurück und lädt nicht zum Eintauchen in die Geschichte ein. Wie er auch selbst sagt, soll es kein Film sein, der die abgebildete Zeit romantisiert. Es wird eine Gesellschaft gezeigt die gespalten ist und in Extremen lebt. Dies stellt er den ganzen Film über hindurch durch sich abwechselnde dunkle und helle Innenräume dar. Der Protagonist Andy wird außerdem oft in Rahmen gesetzt, wie Türrahmen, Fensterspalte oder Sonstiges. Hier wird angedeutet wie gefangen wir oftmals in der Gesellschaft sein können, die auf uns wie ein Käfig wirken kann und unsere Vielfältigkeit zu unterdrücken sucht. „The Mountain“ ist kein Film für die leichte Unterhaltung, zutiefst verstörend, lässt das Publikum aber das Gesehene hinterfragen und reflektieren, was heutzutage wohl auch nicht das Schlechteste ist.
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    05.11.2018
    19:39 Uhr