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    Romantisches Remake dass sich in seiner Existenzberechtigung verkalkuliert

    Exklusiv für Uncut
    In seinem Remake des 80er Goldie Hawn-Kurt Russell Hits „Overboard“ versucht Rob Greenberg der Geschichte mit aller Macht einen zeitgemäßen Stempel aufzudrücken. Die zu Zeiten von #metoo schlecht gealterte Handlung, in der ein Witwer und seine Söhne ein reiches Socialite mit Amnesie entführen und ihr einreden sie sei Mutter und Hausfrau, wird hier einfach umgedreht. Frau entführt Mann. Doch der geniale Schachzug, den sich die Macher hier erwartet haben, geht nicht auf, der Film und seine Glorifizierung des Stockholmsyndroms stehen vor genau den denselben Problemen wie das Original mit einem großen Unterschied: der Hawn-Russell-Film war immerhin noch irgendwie gut, das Anna-Faris-Vehikel leider nicht.

    Kidnapper vom Dienst ist diesmal Kate (Anna Faris), eine junge alleinerziehende Mutter von drei Töchtern, die eigentlich für die Krankenschwesterprüfung lernt aber nie so richtig die Zeit dazu findet. Nebenbei jobbt sie in der Pizzeria ihrer Freundin Theresa (Eva Longoria) und deren Mann Bobby (Mel Rodriguez) und reinigt als Putzfrau Luxusyachten am Hafen. Auf so einer Yacht trifft sie den reichen mexikanischen Erben Leonardo (Eugenio Derbez), der gemäß der Playboy-Checklist gerne feiert, halbnackte Frauen um sich hat und mies zu den Angestellten ist, unter anderem seinen Butler Colin (John Hannah, was hast du in diesem Film verloren). Mies verhält er sich auch gegenüber Kate und als diese kündigt und ihr Geld fordert schmeißt er sie kurzerhand mit Staubsauger über Board.

    Es kommt daraufhin was kommen muss, Leonardo verliert auf einer Bootsfahrt den Halt, plumpst in Wasser und verliert sein Gedächtnis. Kate, die vor der Prüfung Hilfe gebrauche könnte, lässt sich von Theresa überreden ihn abzuholen und einzureden er wäre der Stay-at-Home-Dad ihrer Töchter. Nach ein paar anfänglichen Eingewöhnungsschwierigkeiten beginnt der Millionärserbe sich in der Familie wohl zu fühlen. So schließt sich der Kreis einer, allen Anschein nach, feministischen Version der Story. Aber gewisse Handlungen kann man noch sehr treten, sie wandeln und winden sich nicht im Kern. Dafür sorgen auch viele weitere Elemente des Drehbuchs.

    Leonardo, der vielleicht arrogant sein mag, spürt dass irgendwas nicht stimmt. Als er fragt warum seine Töchter nicht wie er ausschauen, erklärt Kate ihm er sei zeugungsunfähig. Ein harter Schuss vor den Bug jeden Mannes. Wenn er erschöpft am Abend vom Bau kommt, wird er noch stundenlang mit Hausarbeit herumkommandiert. Auch wenn das historisch immer den Frauen passiert, ist es deswegen nicht plötzlich lustig und unterhaltsam, wenn es ein Mann machen muss. Und dann ist da noch die Nebenhandlung mit seinen Schwestern Sofia (Mariana Treviño) und Magdalena (Cecilia Suárez). Der Vater will ihn statt der hartarbeitenden Sofia zum Erben bestimmen. Statt hier eine ernsthafte Anklage gegen patriarchales Denken zu erheben, resultiert Sofias Plan einfach darin, den verschwundenen Leonardo als tot zu inszenieren. Ein Bärendienst am Feminismus.

    Zuletzt scheitert der Film aber auch an seinem „romantischen Auftrag“. Faris und Derbez haben null Chemie. Die Szenen in denen Derbez sich an das untere Mittelschichtleben gewöhnt, zeigen eher einen Mann auf Selbstfindung als einen Schnösel, der sich in eine Krankenschwester verliebt. Szenen am Bau, in denen Leonardo sich mit seinen Kumpels über das Leben unterhält und in denen er lernt den Töchtern ein guter Vater zu sein, wiegen mehr als wenn er und Kate sich am Schluss bekommen. Dieser Teil der Handlung bleibt dem Film über unterkühlt und endet mit der Erkenntnis „ach ja, da war ja was“.

    Romantische Komödien heutzutage sind vielleicht komplizierter als in ihrer letzten Blütezeit in den späten 90ern, weil das weibliche Publikum sich inzwischen mehr erwartet, aber sie sind nicht unmöglich. Netflix hat erst kürzlich mit „Set it Up“ gezeigt wie es geht. Diese Aufwärmrunde aus den 80ern kann das leider nicht von sich behaupten. Anspruch über Board gegangen.
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    17.07.2018
    17:05 Uhr