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    Star-crossed lovers

    Exklusiv für Uncut von der Diagonale
    Alexandra Makarovás Debütfilm „Zerschlag mein Herz“ ist fühlbar ein Herzensprojekt. Die in der Slowakai geborene Regisseurin ging dafür zurück zu ihren Wurzeln und kreierte eine Art Romeo und Julia mit slowakischen Roma. So werden aus Romeo und Julia Pepe und Marcela, zwei Liebende, die Opfer ihrer Umstände werden (oder wie es Shakespeare nannte „star-crossed lovers“). Denn ihr Glück hängt von Rocky, Pepes skrupellosen Onkel und Mafiaboss ab, dessen ungesunde Obsession zu Marcela ein unglückliches Liebesdreieck kreiert, das mehr als nur ein Herz zerschlägt.

    Makarovás berührendes Drama spielt in Wien, zeigt uns aber unsere Hauptstadt aus der Sicht zweier junger Roma, die jeden Tag zum Betteln auf die Straße gehen. Das Setting nimmt eine wichtige Rolle im Film ein. Zwar begegnen den zwei jungen Menschen nicht immer nur wohlwollende Wiener, jedoch wird Wien auch zu einem Symbol für Freiheit. Weit weg von zuhause, in einer Stadt ohne dörfliches Patriarchat, lebt in Pepe und Marcela die Hoffnung, ihre Geschichte neu schreiben zu können und Herr über ihr eigenes Schicksal werden zu dürfen. Dies wird verdeutlicht durch eine schöne Sequenz im Film, in der Pepe und Marcela ein paar Tage allein sind und ihr Leben so leben können, als wär es ihr eigenes: Spaziergänge am Prater, Nächte im Club durchtanzen, spontane Sing-Duette in der U-Bahn-Station. Doch diese Hoffnung wird schnell enttäuscht. Je mehr sie versuchen, ihrem sozialen Gefüge zu entkommen, desto enger und starrer wird dieses.

    Gespielt werden Pepe und Marcela von Roman Pokuta und Simona Kováčová, die Makarová auf sozialen Medien wie etwa Facebook gecastet hat, weil sie nach einer authentischen Besetzung gesucht hat( – im Gegensatz zur Casting-Agentur, die wollte whitewashing betreiben). Dass die zwei absolute Laien sind, macht ihr Schauspiel und ihre natürliche Chemie auf der Leinwand umso beeindruckender.

    Ebenso besticht auch Mararovás Bildgestaltung - Farben und Muster so weit das Auge reicht. „Zerschlag mein Herz“ ist einer der buntesten Filme und der diesjährigen Diagonale und ein wahrer optischer Regenbogen. Die Farben strotzen vor so viel Vielfalt wie die Kultur, die sie darstellen sollen.

    Denn „Zerschlag mein Herz“ ist auch eine Repräsentation einer Gruppe, die ansonsten sehr unterrepräsentiert ist in der visuellen Kultur. Makarová setzt ein wichtiges Zeichen damit, Roma zu den Helden werden zu lassen, die unsere Leinwände und Herzen erobern. Tagtäglich begegnen wir bettelnden Roma und manch einer hat gelernt durch sie hindurchzuschauen, sie aus dem Stadtbild auszublenden. Dieser Film versucht gerade das zu verhindern, aufmerksam zu machen auf diese Randgruppe und ihre Geschichten und stellt dabei klar, dass ihre Geschichten es nicht nur wert sind, erzählt zu werden, sie sind auch gleichwertig und genauso berührend wie die Geschichten privilegierter weißer Menschen. Es gibt kaum eine bessere Art uns das vor Augen zu führen, als die größte Liebesgeschichte unserer Popkultur, die von Romeo und Julia, umzulegen auf ein weniger privilegiertes Paar.

    „Zerschlag mein Herz“ ist ein sehr rührendes und zu empfehlendes Portrait einer unglücklichen Liebe, das unsere Augen öffnet und unbequeme Wahrheiten offenbart, die wir dennoch nicht leugnen sollten.
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    17.03.2018
    09:33 Uhr