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    Stimmen aus dem Off

    Exklusiv für Uncut von der Diagonale
    Ein häufiges Ziel eines Spielfilms ist es eine möglich plausible Geschichte zu erzählen, die das gewöhnliche Leben der Menschen möglichst authentisch darstellen und Normalität aufzeigen soll. Sebastian Brauneis Film „Zauberer“ gehört keineswegs zu diesen Filmen, handeln und agieren die Charaktere in seinem Spielfilmdebut doch ganz und gar nicht nach gewöhnlichen Mustern. Auch narrativ gesehen, entwickelt sich der Film eher unkonventionell episodenhaft und fügt sich erst Stück für Stück langsam zu einem Ganzen zusammen.

    Basierend auf einer Kurzgeschichte des Bestsellerautors Clemens J. Setz, der mit Werken wie „Die Frequenzen“ und „Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“ große Erfolge feierte, entwickelte Regisseur Brauneis die Erzählung gemeinsam mit Clemens Setz und Schauspieler Nicolas Ofczarek zu einem Drehbuch weiter, Nicolas Ofczarek und Sebastian Brauneis haben unter anderem bereits für die Sendung „Boͤsterreich“ zusammengearbeitet.

    Eine Mutter (Michaela Schausberger) die sich hingebungsvoll um ihren wachkomatösen Sohn kümmert, versucht gleichzeitig den bestellten Callboy (Florian Teichtmeister) zum Sex in Anwesenheit ihres Sohnes zu überreden. Die instabile Schulärztin Manuela wird vom Direktor entlassen, und entführt darauf prompt einen ihrer letzten Patienten, den kleinen Schüler Tommy. Der Therapeut Ulrich (Nicolas Ofczarek) erklärt seiner erblindeten Lebensgefährtin Agathe (Tamara Metelka) ihre Umwelt und offenbart ihr detaillierte Beschreibungen, die ihr das Gefühl geben ihre Mitmenschen mit eigenen Augen sehen zu können. Indessen schreibt der Schüler Marcel beim heimlichen Besuch einer Erotikbar seine Nummer gemeinsam mit den Pseudonym „Suzy“ an die Toilettenwand, den Anrufern erklärt er, er sei deren Sohn und werde bei ihren Besuchen angekettet.

    Die Schicksale der Protagonisten scheinen zunächst kaum etwas gemeinsam zu haben, betrachtet man es jedoch etwas genauer so ziehst sich ein gewisses Thema durch all deren Leben: Einsamkeit und die Suche nach etwas Größerem. So irrational das Handeln der Personen auch sein mag, so scheinen die Aktionen am Ende des Films doch nicht umsonst zu sein, mit einer kleinen Portion tiefschwarzen Humor, der dem eher düsteren Grundton des Films entgegenwirkt, lösen sich die narrativen Verwirrungen die im Laufe des Films entstehen. Besonders magisch wirkt hierbei das fast schon fremdartige Schauspiel zwischen Nicolas Ofczarek und Tamara Metelka, deren Stimmen sich durch ihre besondere Artikulationsweise anhören, als würden sie aus dem Off erzählt werden bzw. nachsynchronisiert sein. So wirkt es als seien sie weniger handelnde Personen der Erzählung, sondern mehr Erzähler selbst. Die faszinierende schauspielerische Symbiose zwischen den beiden ist schnell erklärt, privat sind die beiden Akteure glücklich verheiratet, „Zauberer“ ist ihre erste gemeinsame Zusammenarbeit im Bereich Spielfilm.
    Bei „Zauberer“ handelt es sich um einen Film, der gewiss, sei es ob seines unkonventionellen Aufbaus, exzessiver Gewaltdarstellung oder nicht gerade liebenswerter Charaktere, nicht jedermanns Sache ist. Den Zuschauern, die sich auf diese ungewöhnliche Verbindung einlassen, bietet er dennoch ein außergewöhnliches Vergnügen.
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    22.03.2018
    11:00 Uhr
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    Verzaubert und verträumt

    Der Film „Zauberer“ feierte auf der Diagonale 2018 Österreichpremiere und das Team von Regisseur Sebastian Brauneis bis Schauspieler und Drehbuchautor Nicholas Ofczarek war mit dabei.

    Die einsamen Leben von Charakteren treffen sich, und verwirren sich immer mehr ineinander, um sich schließlich wieder voneinander zu trennen: Ob es nun der Psychiater (Nicholas Ofczarek) mit der blinden Ehefrau (Tamara Metelka) ist, der ihr die Welt beschreibt, der pubertierende Junge, der sich als ein anderer ausgibt, die Mutter eines Sohnes im Wachkoma (Michaela Schausberger), die sich nach einem Callboy (Florian Teichtmeister) sehnt, die Ärztin (Regina Fritsch), die einen ihrer Patienten entführt – die Charaktere sind beherrscht von Einsamkeit, Aggression und irren Phantasien. Beunruhigend, fast schon beängstigend wie sich im Laufe des Filmes die Untiefen der grausigen menschlichen Psyche und der Sog aus fremden Welten auftun. Trotzdem: Sobald die Charaktere in Beziehung zueinander treten wirken diese unglaublich ehrlich, authentisch, wie auch fragil und schrecklich.

    Wie der Titel schon verrät, lädt der Film zu magischem Andersdenken ein. So sind laut Brauneis die Ausflüchte aus der Ohnmacht der Einsamkeit (Alp-)Träume und das magische Denken, welche er im Alleinsein seiner Jugendzeit in Programmkinofilmen im Stadtkino Wien fand. Diesen Erfahrungen (und dem Kultfilm „Blow Up“, 1966) hat Brauneis seine große Liebe zum Film zu verdanken – und wir diesen mächtigen Film.

    Sebastian Brauneis Debütfilm: ein Thriller, der tief unter die Haut geht und konventionelle Grenzen sprengt, bis sich auch der/die letzte Zuschauer/In im Saal die Ohnmacht fühlt – ab Ende April auch regulär in den Kinos zu sehen.
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    19.03.2018
    16:01 Uhr