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    Warten, warten, immer nur warten

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2018
    Der Flughafen Tempelhof hat in seiner bald 100jährigen Geschichte schon einiges gesehen: von den Nazis zum Prestigeobjekt ausgebaut, Schauplatz der Luftbrücke über die der Westen das von den Sowjets eingeschlossene Westberlin versorgte und in den letzten Jahren Zankapfel in einem städtebaulichen Richtungstreit. Ein neues Kapitel kam Ende des Jahres 2015 dazu: die ehemaligen Hangars der Flughafenanlage wurden als große Flüchtlingsquartiere adaptiert. In regelmäßigen Abständen sind in den gigantischen Hallen seither oben offene Container als Wohnzellen aufgereiht, zwischen ihnen schlichte Sitzgelegenheiten und Gemeinschaftsraum der von allen Bewohnern genutzt werden kann. Warten ist für alle hier die Hauptbeschäftigung. Kantinenessen und ärztliche Versorgung durch Freiwillige inklusive, mit Privatsphäre kann allerdings nicht gedient werden.

    Gegengeschnitten ist das Leben der Großstadtbewohner im Freizeitparadies des ehemaligen Flugfeldes auf der anderen Seite des Zaunes: basisdemokratisch organisierte Urban Gardener stimmen über Tagesordnungen ab, Hipster feiern ihre Spontanparties, Kinder testen das zum Geburtstag bekommene Hoverboard. So muss Großstadtleben. Zumindest für jene die Bleiberecht genießen.

    Die Lebenssituation der auf ihren Bleibe- oder Abschiebebescheid wartenden Flüchtlinge macht betroffen. Für die meisten von uns war die Flüchtlingskrise rasch aus dem persönlichen Blickfeld. Dass für die Hilfesuchenden die Flucht erst der Anfang war, rückt der lange, ruhige Blick dieses Filmes in den Mittelpunkt.

    Filmisch verwirklicht der Autor – zumindest bei mir – leider etwas zu sehr das Gefühl das früher oder später den Menschen beim Warten anfällt: Langeweile. Klar, wenn man konsequent die Monate darstellen will in denen die Bewohner zum Nichtstun verdammt sind, dann braucht das Zeit. Ein bisschen lebendiger hätte man das Ganze aber doch gestalten könne.

    „Zentralflughafen THF“ ist in erster Linie ein Film über Betroffene (die Flüchtlinge) für Betroffene (die Berliner Zivilgesellschaft). Und so wurde zumindest für das Premierenpublikum die Uraufführung ein Fest, ist der Film ihnen doch nichts weniger als ein Denkmal dafür, dass in den Tempelhofer Hangars der berühmte Satz „Wir schaffen das.“ von vielen Idealisten gemeinsam in Wirklichkeit umgesetzt wurde. Ganz ohne Angela Merkels Anwesenheit.
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    18.02.2018
    20:52 Uhr