4 Einträge
7 Bewertungen
83.6% Bewertung
  • Bewertung

    Optionales Ende

    Modeschöpfer (Daniel Day Lewis, D.D.L.) Woodcock kreiert in den 50er Jahren Kleider für die High Society und den Adel. Kellnerin Alma (Vicky Krieps) wird erst seine neue Muse, dann seine Geliebte. Seine Schwester Cyril (Lesley Manville) schmeißt den Laden des kreativen Stoffkünstlers. Es entstehen Spannungen innerhalb dieser Dreierkonstellation. Woodcock entpuppt sich als äußerst lärmempfindlich und übertrieben sensibel. Alma droht der Rauswurf. Sie kocht ein Pilzgericht für den Meister.
    Als sich die Wirkung bei Woodcock zeigt, kann sie triumphieren: er ist ihr ausgeliefert. Alma ‘Ich will, dass du hilflos am Boden liegst und niemand hilft dir außer mir.‘ Im Haus wohnt der Hauch des Todes. Doch Woodcock erholt sich wieder. Spannungen und Animositäten nehmen zu. Jetzt wird’s kryptisch! Als Alma Woodcock erneut eine Pilzsuppe kredenzt, isst er sie so bewusst langsam, dass man meinen könnte er ahnt, was er da verspeist. Dann warten beide auf die Wirkung und gestehen sich gleichzeitig ihre Liebe.
    Es folgt eine Art Epilog, der die Zuschauer sehr verblüfft …Klar! Alles ist möglich. Ist es aber auch wahrscheinlich? Das Ende sollte doch in irgendeiner Weise aus der Handlung hervorgehen.
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    18.10.2021
    12:04 Uhr
  • Bewertung

    Das Genie und seine Muse

    In Paul Thomas Andersons neuestem Werk "Phantom Thread", welches zugleich die allerletzte schauspielerische Leistung des dreifachen Oscargewinners Daniel Day-Lewis darstellt, werden vor allem obsessives Verhalten und dysfunktionale Beziehungen thematisiert. Der Film überzeugt insbesondere durch das gelungene Szenenbild, sowie durch die darstellerischen Leistungen der Protagonisten Reynolds (Day-Lewis) und Alma (Vicky Krieps).
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    07.02.2018
    11:49 Uhr
  • Bewertung

    Von Soziopathen mit gewissen Vorlieben

    Paul Thomas Anderson hat mit "Phantom Thread" ein faszinierendes Psycho-Spielchen zwischen einem Künstler und dessen Muse geschaffen, das auch mit überraschend schwarzhumorigen Untertönen punkten kann. Zwar besteht aufgrund der Soziopathie der Protagonisten eine gewisse Unnahbarkeit zwischen Figuren und Zuschauer, diese macht aber unter anderem auch den morbiden Charme des Films aus. Während Daniel Day Lewis seine Karriere auf einem schauspielerischen Hoch vollendet, darf sich die wunderbare Vicky Krieps ("Was hat uns bloß so ruiniert?") nach ihrer ersten Hollywood-Rolle eine vermutlich rosige Zukunft im internationalen Kino erwarten. Das Kostüm- und Szenenbild wurde bis ins letzte Detail minutiös ausstaffiert und besticht vor allem durch seine Farbpracht.
    Anderson hat aufgrund der nicht unbedingt empathischen Figurenzeichnungen seinen bis Dato vermutlich fürs breite Publikum sperrigsten Film gedreht, für mich aber zugleich sein vielschichtigstes Werk seit "The Master". PTA hat sich einmal mehr als einer der Meisterregisseure unserer Zeit erwiesen!
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    06.02.2018
    00:07 Uhr
  • Bewertung

    Verhüllung als Schutzmechanismus

    Exklusiv für Uncut
    Der neue Film vom Regisseur Paul Thomas Anderson spielt in der Nachkriegszeit in London. Die Hauptrolle des Schneiders Reynolds Woodcock übernimmt dabei das schauspielerische Schwergewicht Daniel Day-Lewis. Im gegenüber steht, als eine von vielen Frauen im Leben des bekannten Schneiders, Alma, eine Kellnerin, die im Laufe des Films zur Muse von Reynolds wird. Alma bzw. Vicky Krieps, wie die in Luxemburg geborene Schauspielerin in Wirklichkeit heißt, ist dem österreichischen Publikum noch aus dem Film „Was hat uns bloß so ruiniert“ bekannt. Reynolds ist ein ruhiger, aber launischer Geselle, der es nicht leiden kann die Kontrolle über die Dinge zu verlieren und somit muss sich jeder seinen Wünschen unterordnen. Alma, die neu im Hause Woodcock ist, will sich aber nicht einordnen lassen und bringt somit Unruhe in Reynolds tägliche Routine.

    Alles im Film dreht sich um den Hauptdarsteller und das nicht nur sprichwörtlich. Meist bleibt Reynolds, der weitbekannte Schneider, der in London im „House of Woodcock“ seine begehrten Kostüme fertigt, an seinem Platz und die anderen Protagonisten schwirren beinahe um ihn herum. Die Figur strahlt dadurch Ruhe, etwas herrschaftliches, aber auch etwas gebieterisches aus. Außerdem wirkt Reynolds, wunderbar gespielt vom Meister Daniel Day-Lewis, dadurch auch distanziert, steif und unerreichbar. Diese Distanz ist immer wieder zu spüren, so fragt ihn einmal seine Schwester Cyril: „Wo bist du Reynolds?“ Ein markanter Satz im Film, da die Hauptfigur wirklich meist abwesend und in seine Arbeit vertieft ist. In diesem Stadium darf den Schneider auch keiner stören, da es ihn sonst völlig aus der Konzentration bringt und er für längere Zeit nicht mehr weiterarbeiten kann.

    Und hier tritt Alma in die Geschichte ein. Reynolds lernt sie bei einem Frühstück kennen, wo sie seine Kellnerin ist. Er verabredet sich mit ihr und nach einem Essen nimmt er sie zu sich mit heim, wo er ein Kleid für sie schneidert. Die Situation kippt dann aber plötzlich als Reynolds kurz verschwindet und Cyril auftaucht, um Almas Maße zu notieren. Plötzlich verfliegt jedes romantische Gefühl und Alma sieht sich den Blicken und der Abmessungen ihres Körpers schutzlos ausgeliefert. Alles hat in dieser Situation, und auch im späteren Verlauf des Films, eine gewisse Doppeldeutigkeit. So meint Cyril am Ende des Abmessens, Alma hätte einen perfekten Körper, denn Reynolds mag Frauen mit kleinen Bäuchlein.

    Die Blicke zwischen den Protagonisten sind es auch, die unter die Haut gehen. Diese, so wirkt es, versuchen hinter diese Doppeldeutigkeiten zu blicken und etwas hinter den Kleidern, die Reynolds schneidert, zu finden. So wie Alma ohne ihr Kleid den Blicken Cyrils schutzlos ausgeliefert ist, scheint es auch, dass Reynolds Schneider ist, um einen bestimmten Inhalt seines Lebens zu verdecken bzw. zu verschleiern. Mit seinen Kreationen und seinem beruflichen Handwerk will er Hüllen entwerfen, die ihn vor dem Außen behüten. Alles in seiner täglichen Routine ist minutiös geplant und darf nicht verändert werden, um dieses Konstrukt aus vielen leeren Hüllen, das sich Reynolds erschaffen hat, nicht zum Einstürzen zu bringen. Er wirkt dabei oft launisch und kindlich, als ob er in einem gewissen Stadium der Kindheit hängen geblieben wäre. Ihm darf nicht widersprochen werden und für Kritik ist er nicht zugänglich. Hier passt der deutsche Titel „Der seidene Faden“ sehr gut, denn so sind auch seine Stimmungsschwankungen zu betrachten. Sie hängen an einem seidenen Faden und es braucht nicht viel, um diesen zu kappen.

    Eine andere Hintergrundgeschichte, die den Charakter Reynolds Woodcock dem Publikum etwas näherbringt, ist die sehr enge Beziehung zu seiner verstorbenen Mutter. Für diese hat er als 16-jähriger das Hochzeitskleid für ihre zweite Hochzeit geschneidert. Es kann dies als ein „Phantom Thread“, wie es im englischen Titel heißt, gesehen werden, der für Reynolds immer gegenwärtig ist. Er merkt auch im Film einmal an, dass diese Verbindung ihm sehr wichtig ist. Er sagt dazu, dass es für ihn ein schöner Gedanke sei, dass die Toten über die Lebenden wachen. Einerseits beschützt ihn also etwas aus einer anderen Sphäre, andererseits braucht er aber auch im Diesseits allen möglichen Schutz. Da wären die angesprochenen Verhüllungen und Verkleidungen, doch es gehört auch dazu, dass er stets umgeben ist von Menschen, vorwiegend Frauen. Was für ihn wertvoll ist, wird auf Dauer für Alma jedoch zur Qual, denn sie würde gerne mit Reynolds alleine sein. Um mit ihren Geliebten aber endlich in trauter Zweisamkeit alleine zu sein muss sie eine ganz bestimmte Rolle in Reynolds Leben einnehmen und das zwingt sie schlussendlich dazu, gravierend in eben jenes einzugreifen.

    Der Film weiß alleine schon wegen den unglaublichen schauspielerischen Leistungen zu überzeugen. Wer jedoch gerne mehr als nur gutes Schauspiel in einem Film sucht, sollte bei diesem Film vorsichtig sein, denn der Film versucht beinahe wie seine Hauptfigur eine gewisse Distanz zu wahren und Hüllen um sich herum aufzubauen. Die gesamte Handlung wird so über weite Strecken von den Dialogen zweier Figuren an einem Handlungsort getragen. Man findet schwer Zugang zur Geschichte und es ist demnach kein Film den man sich mal einfach so nebenbei anschauen sollte.
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    28.12.2017
    10:52 Uhr