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    Nutze den Moment!

    Eine Parabel auf den Wert des Lebens, ein eindringlicher und zu Herzen gehender Appell an die Menschlichkeit und den Wert von Familie und eine tolle Abenteuergeschichte - alles das bietet uns Pixar in diesem Film gleich auf einen Streich. In gekonnter, makelloser Perfektion bietet das Animationsstudio wieder einmal das Beste vom Besten und unterhält mit seiner tragischen Vater-Sohn-Geschichte, die die Grenze zwischen Leben und Tod mehrfach überschreitet, auf allen Ebenen und in jeder Altersgruppe. Dazu kommt noch ein genial-eingänglicher und unheimlich stimmiger Mexico-Soundtrack, der den Film auch auf der musikalischen Ebene zum Genuss macht. Man sollte wirklich jede Gelegenheit, den Film zu sehen, nutzen und wird keinesfalls enttäuscht sein und dabei absolut glücklich und vielleicht sogar mir einer Träne in den lachenden Augen nach Draußen gehen, wo die normale Welt wieder auf einen wartet, die man in der Traumwelt des Kinos, in die man soeben entführt wurde, so gar nicht vermisst hat.
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    12.01.2018
    19:22 Uhr
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    Remember Me

    Exklusiv für Uncut
    Im Jahre 1995 gelang dem Animationsstudio Pixar in Kooperation mit Walt Disney eine technische Revolution, die das moderne Kino fortan ändern sollte. Mit „Toy Story“ gab die zuvor hauptsächlich auf Spezialeffekte und Kurzfilme spezialisierte Produktionsfirma nicht nur ihr Kinodebüt, sondern veröffentlichte zugleich den allerersten vollständig am Computer animierten Spielfilm. „Toy Story“ entwickelte sich sowohl bei Zuschauern als auch bei Kritikern zur weltweiten Sensation und öffnete neue Wege für die Zukunft des Animationsfilms. Aufgrund des großen Erfolgs dauerte es natürlich nicht lang bis Pixar weitere Projekte in Auftrag gab. Bereits Mitte der 2000er hatte die Animations-Stätte ein derart hochwertiges Oeuvre zu bieten, von dem andere Filmstudios nur träumen können.

    Da 2005 jedoch ein Vertrag mit der Walt Disney Company , die bis dahin alle Pixar-Film co-produziert hatte, kurz vor der Beendigung stand, entschied sich Disney kurzerhand dazu, in ihrem bis heute teuersten Deal, die Pixar Animation Studios um sage und schreibe 7,4 Milliarden US-Dollar käuflich zu erwerben. Doch auch mit dem Aufkauf seitens Disney musste Pixar nicht deren gewohnt hohe Produktionsqualität einbüßen. Die Animations-Traumfabrik konnte über die Jahre hinweg weiterhin mit höchst kreativen und thematisch vielschichtigen Werken wie „Ratatouille“ (2007), „Wall-E“ (2008) und „Alles steht Kopf“ (2015) Jung und Alt begeistern.

    In den letzten Jahren hat sich jedoch auch in Pixars Werkstätte die Hollywood-Krankheit Sequelitis ein wenig breitgemacht. Konnte man mit „Toy Story 3“ noch beweisen, dass eine Fortsetzung die Vorgänger qualitativ sogar überbieten kann, hat man mit „Die Monster Uni“ (2015) und „Findet Dorie“ (2016) Sequels geschaffen, die zwar am Ende des Tages immer noch als durchaus gelungen anzusehen sind, jedoch zu Teilen die Seele, die die Originalfilme so auszeichnet, missen ließ. Besonders ärgerlich war die Entscheidung in diesem Jahr, die „Cars“-Reihe - der einzige Schandfleck in Pixars Filmografie - mit einem dritten Teil zu versehen.

    Der Fortsetzungswahn ist nun zum Glück wieder ein wenig durchbrochen, denn mit „Coco“, dem bislang 19. Spielfilm in Pixars Gesamtwerk, bringt die einstige Kreativwerkstatt ihren ersten Originalfilm seit 2015 in die Lichtspielhäuser.

    Für „Coco“ begab sich Pixar erstmals nach Mexiko und erzählt vom 12-jährigen Miguel, der sich nichts sehnlicher wünscht als seinem großen Vorbild Ernesto de la Cruz nachzueifern und ebenfalls Musiker zu werden. Da seine Familie jedoch aus bestimmten Gründen eine Abneigung gegenüber jeglicher Art von Musik hat, sieht sich der Junge daran gehindert, seiner Leidenschaft nachzugehen. Als Miguel am „Dia de los Muertos“, dem mexikanischen Tag der Toten, durch Zufall in die Totenwelt gerät, wird der Junge im wahrsten Sinne des Wortes mit den Geistern der Vergangenheit konfrontiert.

    Zwar kann „Coco“ in Punkto Qualität nicht an Pixars ganz große Werke heranreichen, ist aber nichtsdestotrotz ein wunderbarer Film geworden und das große Highlight in einem verhältnismäßig schwachen Jahr für den Animationsfilm.

    Im ersten Drittel kommt der Streifen erzählerisch ein wenig holprig rüber und kommt noch nicht ganz in die Gänge. Je mehr einem jedoch klar wird, in welche Sphären sich der Film begibt, desto mehr offenbart sich die emotionale Komplexität, die dem Ganzen obliegt. Sämtliche Nebenstränge, die zu Beginn wie überflüssiges Beiwerk wirkten, kommen am Ende zusammen und münden in einem Feuerwerk aus Emotionen, die zu keiner Sekunde pathetisch, sondern aufgrund dem Aufbau der Geschehnisse im Film hochverdient rübergekommen.

    Besonders bemerkenswert ist zudem die Darstellung der mexikanischen Kultur, die zu keiner Minute durch den Kakao gezogen wurde. Um der Thematik mit dem nötigen Respekt entgegen zu kommen, verbrachte Lee Unkrich (u. A. „Toy Story 3“), der den Film gemeinsam mit dem mexikanisch-amerikanischen Regisseur Adrian Molina inszenierte, im Vorfeld viel Zeit in Mexiko. So konnte sich Unkrich minutiös mit den nationalen Bräuchen und Festivitäten auseinanderzusetzen.

    Trotz der trist klingenden Grundthematik, legten die Macher viel Wert darauf, Positives aus der menschlichen Mortalität zu schöpfen, was sich sowohl im Narrativ als auch in der Ästhetik des Films widerspiegelt. Neben der omnipräsenten Thematik der Wichtigkeit der eigenen Familie, ermutigt „Coco“ in seiner Grundbotschaft dazu, nicht rund um die Uhr Vergangenem nachzutrauern, sondern dies vielmehr in Form von Erinnerungen zu würdigen und zu feiern. Auch wenn Menschen vergänglich sind, Erinnerungen sind es nicht.

    Als weitere Antriebskraft dient dem emotionalen Kern Michael Giachhinos fantastischer Soundtrack. Abseits der instrumentalen Score-Einlagen, bleiben einem vor allem die originellen Songs im Kopf hängen. Besonders einprägsam ist das Lied „Remember Me“, das während der Laufzeit mehrfach wiederholt wird und stets an die angemessene emotionale Facette zugeschnitten wurde.

    Die visuelle Darstellung der Totenwelt weiß besonders durch die farbenfrohe Vielfalt der Animationen überzeugen und bestätigt einmal mehr den optimistischen Geist des Films. Zudem wurden zahlreiche amüsante und kreative visuelle Gags mit eingebunden, die einmal mehr die Detailverliebtheit der Optik von „Coco“ hervorheben.

    Allgemein weiß der Film mit dem von Pixar gewohnt charmanten Humor zu punkten, der auch diesmal wieder auf mehreren Ebenen funktioniert. Zugegebenermaßen kann die Figur des Dante, Miguel's Hund, der lediglich dem Comic-Relief dient, einem in manch Moment auf den Nerv gehen, sorgt aber auch für herzhafte Slapstick-Einlagen.

    Fazit: Trotz anfänglicher erzählerischer Stolpersteine, ist „Coco“ eine wunderschöne Ode an die Wichtigkeit von Erinnerungen und eine ehrwürdige Zelebrierung der mexikanischen Kultur geworden, die besonders im atemberaubenden Finale, das komplette emotionale Potential der Idee ausschöpft. Pixar hat sich einmal mehr in Höchstform präsentiert. Ein Film, an dem man sich erinnern wird!
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    30.11.2017
    08:24 Uhr