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    Tōei, wir sind zu Hause – Der Versuch der japanischen Filmindustrie „Star Wars“ vom Thron zu stoßen

    Eldritch Advice
    Als George Lucas an Star Wars arbeitete, formte er sein legendäres Meisterwerk aus einem Sammelsurium zahlreicher Inspirationen. Sowohl die Erzählstruktur seines Films als auch die Optik von Darth Vader, um nur zwei Beispiele zu nennen, zeigen dass viele dieser Einflüsse aus der japanischen Kultur stammen. Insbesondere Akira Kurosawas 1958 erschienener Abenteuerfilm „Die verborgene Festung“ wurde von Lucas immer wieder als essentielles Vorbild für den Erfolg von „Star Wars“ genannt. Ein Erfolg der die japanische Filmproduktionsfirma Tōei an der Ehre packte. Diese beauftragte Kinji Fukasaku (Battle Royale) damit eine Weltraumoper zu kreieren die es mit dem Blockbuster aus den USA aufnehmen kann. Das Ergebnis: Der 1978 erschienene Film „Uchû kara no messêji“ beziehungsweise auf deutsch „Sternenkrieg im Weltall“.

    Rockseia XXII, Anführer des Imperiums der stahlhäutigen Gabaner, erklärt dem friedvollen Planeten Jillucia den Krieg. Es ist ein einseitiger Konflikt in dem die hilflose Bevölkerung Jillucias seinem technologisch weit überlegenen Feind militärisch nichts entgegenzusetzen hat. Die letzten Überlebenden scharren sich verzweifelt um ihren Anführer Kido. Dieser sieht ihre letzte Chance in einer alten Prophezeiung. Diese besagt, dass acht fremde Krieger seinem Volk zur Rettung kommen werden. Um diese zu finden schickt er acht magische Liabe Samen und seine tapfere Enkelin Emeralida auf ihre Reise um in den fernen des Weltalls die Auserwählten zu finden und nach Jillucia zu bringen. Ein Unterfangen das allerdings nicht unbemerkt blieb. Eine fliegende Festung der Gabaner nimmt die Verfolgung auf und jagt Emeralida bis in unser Sonnensystem. Hier erreichen die Liabe Samen ihre Destination, offenbaren den Gabanern allerdings auch die Erde als neues Angriffsziel.

    Ich muss sagen … dieser Film hat meine Ausdauer auf die Probe gestellt.

    Mit einem Budget von etwa fünf bis sechs Millionen Dollar war „Sternenkrieg im Weltall“ seinerzeit zwar der teuerste Film in der japanischen Geschichte, verfügte aber dennoch nur über die Hälfte des Budgets von Star Wars. Ungeachtet dessen klingt und sieht dieser Film nicht nur gut aus, sondern ist auch trotz seiner Schwächen in der Erzählung eine durchaus interessante Weltraumoper. Besonders magisch ist hierbei der wundervolle Soundtrack von Ken-Ichiro Morioka. Dieser lädt regelrecht zum Träumen ein. Leider aber befindet sich in diesem Film auch schlecht gealterte zeitgenössische Musik, die so gar nicht in eine fantastische Geschichte passt. Ein Blick auf die Effekte und Ausstattung offenbart wohin der Großteils des Budgets geflossen ist. Selbst Requisiten die nur sekundenlang zu sehen sind verfügen über herrlichen Malereien sowie weitere Verzierungen, die Weltraumschlachten müssen sich meiner Meinung nach nicht großartig vor ihrem US-amerikanischen Vorbild verstecken und sämtliche Modelle von Gebäuden und Vehikel sind allesamt handwerklich gut und mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Besonders stark punktet der Film in seiner Ästhetik, insbesondere wenn die Gabaner am Bildschirm erscheinen. Die stählern geschminkte Haut und die prunkvollen Rüstungen sind eine regelrechte Augenweide.

    Bedauerlicherweise sind die Gabaner aber nur selten zu bewundern. Der Großteil des Films handelt von den menschlichen Auserwählten, und diese sind kaum zu ertragen. Denn sie bestehen überwiegend aus weinerlichen und rebellischen Teenagern. Verglichen mit dem was sie so von sich geben klingt selbst Anakin Skywalkers Hasstirade gegen Sand aus „Angriff der Klonkrieger“ wie eine von Shakespeare verfasste Tragödie. Fatalerweise raubt ihre Präsenz großartigen Schauspielern wie Vic Morrow und Sonny Chiba wichtige Bildschirmzeit. Der von Morrow gespielte General Garuda, ein unehrenhaft entlassender Ex-Militär der alten Schule, und Chibas Prinz Hans, ein sich im Exil befindender gabanische Thronprinz der sich geschworen hat den Usurpator und Mörder seiner Eltern Rockseia XXII zu stürzen, sind gut geschriebene Charaktere mit Profil und wären beide mehr als nur würdige Identifikationsfiguren. Würden sie als Protagonisten den Kampf gegen das gabanischen Imperium anführen, wäre „Sternenkrieg im Weltall“ ein wesentlich besserer Film. Es ist ärgerlich, dass dem so nicht ist.

    Ist dieser Film eines freitäglichen Filmabends würdig?

    Als ich den Film sah rang ich damit die Augen offen zu halten. Denn die Laufzeit der 101 Minuten der japanischen Originalfassung besteht großteils aus Szenen rund um die farblosen Protagonisten und diese sind nur in den wenigsten Fällen plotrelevant. Es sind Szenen, die einem aus dem Film reißen und im Gedanken abdriften lassen. Nach Abschluss des Films machte sich Frustration in mir breit. Das Bewusstsein, dass irgendwo in diesem Werk ein guter Film versteckt ist, war schlicht und ergreifend ärgerlich. In meiner Bitternis warf ich ich einen kurzen Blick auf die Rückseite des Covers und bemerkte, dass diese Blu-Ray nicht nur die japanische, sondern ebenfalls eine um etwa 20 Minuten kürzere deutsche Kinofassung beinhaltet. So gab ich dem Film eine weitere Chance -

    Und siehe da, der Großteil der langatmigen und störenden Szenen fehlte in dieser Version. Normalerweise bevorzuge ich stets das Original, aber in diesem Fall profitiert Fukasaku's Werk davon von der Last des überflüssigen Bildmaterials befreit worden zu sein. Dadurch wurde aus einem überladenen und langatmigen Film eine unterhaltsame und kurzweilige Weltraumoper. Die Story wurde in folge dessen zwar nicht tiefgründiger, aber von vielen Schwächen bereinigt. Unterschiede gibt es auch in der Synchronisation. Die deutschen Untertitel der Originalfassung spiegeln den ernsten und dramatischen Ton der Geschichte wieder. Im Gegensatz dazu nimmt sich die deutsche Synchronisation nicht ganz so ernst versucht den Film aufzulockern … manchmal durchaus mit Erfolg. In Sachen Übersetzung finde ich beide Versuche gelungen, auf den ganzen Film bezogen sieht es hingegen anders aus, denn während das japanische Original im Test leider durchfliegt (55 %), ist die deutsche Kinofassung (70 %) eines freitäglichen Filmabends würdig.

    Habt ihr Interesse an Horror und Trashfilmen sowie anderer cineastischer Kleinodien, empfehle ich euch meinen englischsprachigen YouTube Channel zu besuchen. Dort bespreche ich mindestens einmal wöchentlich ein Filmjuwel aus meiner Sammlung:
    https://goo.gl/oYL4qZ
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    25.08.2017
    21:50 Uhr