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    Eine in Nebel gehüllte Odyssee durch Fulcis Beitrag zum Barbarenfilm der 80er Jahre

    Eldritch Advice
    Als „Conan, der Barbar“ 1982 an den Kinokassen boomte, machten sich zahlreiche italienische Produktionsfirmen eifrig an die Arbeit, um von diesem Hype zu profitieren. Die Folge waren etliche Low-Budget Barbarenfilme von unterschiedlicher Qualität. Einer dieser Filme ist die italienische, mexikanische sowie spanische Co-Produktion „La conquista de la tierra perdida“ oder hierzulande kurz „Conquest“ genannt. Produzent Giovanni Di Clemente konnte für diesen Film einen bekannten Regisseur an Land ziehen. Die Rede ist von Lucio Fulci, der in den späten 70er und frühen 80er Jahren durch Filme wie „Woodoo - Die Schreckensinsel der Zombies“ und seine „Gates of Hell“-Trilogie zum Kultregisseur für zahlreiche Horrorfans wurde. Insbesondere gegen gute Bezahlung war er sich aber nie zu Schade, sich auch anderen Genres zu widmen.

    In mythischer Vorzeit steht der Jüngling Ilias (Andrea Occhipinti) vor seiner Mannesprobe. Der Pfad der Tapferkeit veranlasst ihn dazu, seiner friedlichen und zivilisierten Heimat zu entfliehen und sich fernab seines Landes zu beweisen. Bewaffnet mit einem magischen Bogen, zieht es ihn in eine primitive und wilde Gegend. Diese wird von der Hexenmeisterin Ocron (Sabrina Siani) beherrscht, die ihre Macht mit dem Blut von jungen Menschen stärkt. In einer Vision sieht sie das Kommen eines mysteriösen Kriegers, der mit einer ihr unbekannten Waffe, einem Bogen, ihr Ende herbeiführt. Sofort schickt sie ihre Häscher aus, um den Fremden zu finden und seiner habhaft zu werden. Nachdem sie seine Spur aufgenommen haben, treiben sie den jungen Ilias in die Enge. Tapfer kämpfend, kann sich der Übermacht aber nicht erwehren und sein Abenteuer scheint ein rasches Ende gefunden zu haben. In letzter Not stellt sich ihm aber der kampferprobte Barbar Mace (Jorge Rivero) zu Seite und rettet sein Leben. Zusammen ziehen sie nun aus, um der Terrorherrschaft Ocrons ein Ende zu setzen.

    Ich muss sagen … dieser Film hat mich in seinen Bann gezogen.

    Ja, es ist ein Fulci-Film, weswegen dieses Machwerk über seine typische episodenhafte Erzählstruktur verfügt. Sie ist zwar nicht so sprunghaft wie etwa in „Über dem Jenseits“, aber die Verknüpfung zwischen den Handlungselementen ist doch eher lose. Es fühlt sich mehr danach an als würde man eine gesamte Staffel einer Serie, denn einen Film schauen. Fulci als Regisseur zu haben bedeutet allerdings auch noch zwei weitere Dinge. Man kann sich einerseits auf meisterlich gestaltete und blutige praktische Effekte und andererseits eine unvergessliche Filmmusik freuen. 

    Der Drehort war eine karge Ödnis und der großzügige Einsatz der Nebelmaschine verstärkte das primitive Ambiente des Settings. Die Crew stand also gehörig unter Zugzwang um der Illusion dieser Low Fantasy Welt gerecht zu werden. Dies wurde dadurch erschwert, dass in der Welt von „Conquest“ nicht nur Menschen zugegen sind, sondern auch Wolfsmenschen, Sumpfwesen und andere mystische Kreaturen das Land bevölkern. Diese in einem Low-Budget-Film darzustellen, kann durch die limitierten finanziellen Möglichkeiten ganz schnell lächerlich wirken. Fulci wäre allerdings nicht Fulci wenn er aus seinen Möglichkeiten nicht das Maximum herausholen würde. Die von ihm geschaffenen Kreaturen sehen größtenteils grandios aus und schaffen es diese Welt glaubhaft zu machen. Gespart hat er dafür bei der Anzahl von Splattereinlagen. Zwar ist der Film durchaus blutig, aber kein Vergleich zu seinen anderen Filmen. Was ich allerdings als Pluspunkt sehe. Dadurch verkommt der Film nicht zu einem Schlachtfest, sondern behält sein abenteuerliches Wesen bei, ohne, dass die Welt ihre Rohheit verliert.

    Für den Soundtrack zeigte sich niemand Geringeres als Claudio Simonetti verantwortlich. Der Keyboarder der legendären Band „Goblin“ ist vor allem dafür bekannt die meisterhafte Musik für zahlreiche Filme von Dario Argento wie „Suspiria“ und „Phenomena“ geschaffen zu haben. Obwohl ein Meister seines Fachs, muten seine elektronischen Klänge für eine Fantasywelt zunächst merkwürdig und sonderbar an. Andererseits befinden sich in seinen Stücken genügend epische Melodien die diesen Stilbruch mehr interessant denn unpassend gestalten. Vielmehr sogar geben sie dem Film einen Hauch von Transzendenz.

    Die Besetzung ist durchwegs passend. Niemand fällt wirklich ab und zwei der Mitwirkenden verdienen sich eine besondere Erwähnung. Dies ist zum einen Jorge Rivero, der den Barbaren Mace spielt, und zum anderen Sabrina Siani, die Verkörperung der Hexenmeisterin Ocron. Rivero ist zwar nicht so muskelbepackt wie Arnold Schwarzenegger als Conan, aber sein Körperbau kann sich durchaus sehen lassen und ist für seinen Charakter angemessen. Zudem schafft er es ob seiner Mimik der Rolle Profil zu verleihen. Siani indes ist schlicht und ergreifend eine Göttin. Obwohl sie als Ocron stets eine ihr Gesicht bedeckende goldene Maske trägt, schafft sie es jede Szene in der sie zu sehen ist für sich zu vereinnahmen. Trotz ihrer Nacktheit wirkt sie nie schwach, sondern erhaben und in Kontrolle. Obwohl sie ihre Schauspielkarriere heiratsbedingt leider mit nur 26 Jahren beendete, betrachtet man sie heute verdientermaßen als eine Legende des Sword & Sorcery Films.

    Ist dieser Film eines freitäglichen Filmabends würdig?

    Fulcis Machwerk kopiert etliche Szenen und Momente aus „Conan der Barbar“, ohne dabei die philosophische Tiefe von Milius' Meisterwerk zu erreichen. Trotzdem schafft es der Film auf eigenen Beinen zu stehen. Die Welt die Fulci für „Conquest“ erschaffen hat ist verroht, schockierend, aber auf ihre eigene Art und Weise verführend. Menschen wie Monster füllen diese Welt mit Leben ohne dabei das vorzeitliche Flair von Abgelegenheit und Einsamkeit zu zerstören. Der eifrige Einsatz der Nebelmaschine verstärkt dieses noch. Durch die gelungene Vermittlung von Atmosphäre fallen die Schwächen des Drehbuchs nicht sonderlich ins Gewicht. Zudem schafft es der Film mit einem interessanten Twist für Abwechslung zu sorgen.

    Es war ein faszinierendes Erlebnis 85 Minuten lang in dieser Welt zu verweilen. Ein Erlebnis, das sich durch die episodenhafte Erzählstruktur für mich noch intensiver anfühlte. Allerdings kann ich es nachvollziehen, wenn andere Personen diese Art Geschichten zu erzählen als verwirrend empfinden. Um den Film genießen zu können muss man wissen was er ist. Keinesfalls darf man sich ein farbenfrohes und harmonisches High-Fantasy-Setting erwarten. Im Vergleich zu „Conquest“ wirkt sogar das matte Hyborische Zeitalter Conans bunt. Ist man allerdings ein Fan von düsteren Sword & Sorcery Geschichten, die in einer vorzeitlichen Welt ohne moralische Grenzen angesiedelt sind und über Horrorelemente verfügen, wird man mit diesem Kunstwerk eine regelrechte Freude haben. Noch ganz unter dem Zauber von Ocron stehend ist „Conquest“ für mich auf jeden Fall eines freitäglichen Filmabends würdig.

    Habt ihr Interesse an Horror und Trashfilmen sowie anderer cineastischer Kleinodien, empfehle ich euch meinen englischsprachigen YouTube Channel zu besuchen. Dort bespreche ich mindestens einmal wöchentlich ein Filmjuwel aus meiner Sammlung:
    https://goo.gl/oYL4qZ
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    18.08.2017
    09:55 Uhr