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    Bulgarien ist das Land der Optimisten

    Exklusiv für Uncut vom LET’S CEE Filmfestival
    „Directions“ von Regisseur Stephan Komandarev spielt in Sofia der Hauptstadt von Bulgarien. Gedreht wurden Taxifahrten, in denen unterschiedliche Charaktere mit unterschiedlichen Meinungen aufeinandertreffen. Nach und nach eröffnet sich so für den Zuschauer, durch die Aussagen der Protagonisten, ein Bild von diesem Land. Die Probleme und Ängste, aber auch die Hoffnungen und Wünsche der Charaktere werden sichtbar. Jede Taxifahrt wird dabei in einer One-Shot-Einstellungen dargestellt. Dies stellt eine gewisse Nähe zu den Figuren her, da der Kontakt zu diesen niemals abreißt.

    Der Film, der im Laufe der Handlung die verschiedensten Themen aufgreift, startet mit einer Verzweiflungstat eines Taxifahrers. Die einzige Einstellung die am Tag gedreht wurde zeigt Misho, einen Familienvater der einen Kredit benötigt, um ein Unternehmen zu gründen und so letztlich vom Beruf des Taxifahrers wegzukommen. Der Banker, der ihm diesen Kredit gewähren könnte ist aber korrupt und verlangt von Misho ein Schmiergeld, das er bei einem Treffen in einem Cafe sogar noch verdoppelt. In die Enge und die Ausweglosigkeit getrieben erschießt Misho den Banker, da dieser damit gedroht hat alles was der Taxifahrer besitzt pfänden zu lassen. Diese Tat bietet die Ausgangslage für alle weiteren Taxifahrten. Sie wird im Radio von den Zuhörern kommentiert und diskutiert und sie ist Grundlage für alle weiteren Dialoge, die sich zwischen den Taxifahrern und deren Kunden auftun.

    Der Regisseur Stephan Komandarev schafft es mit dieser Geschichte eindrücklich die Lage Bulgariens einzufangen und den verschiedenen Meinungen, seien sie noch so konträr, ihre jeweilige Gültigkeit zu verleihen. Gezeichnet wird durch diesen Film einerseits ein Bild von einem Land das mit schwerwiegenden Problemen zu kämpfen hat; Korruption, Armut, Auswanderung, usw., aber andererseits lässt der Filmemacher seine Protagonisten durch gewisse Aussagen Licht auf die Düsternis der Hoffnungslosigkeit werfen. Die Menschen müssten untereinander nur zusammenhalten und aufeinander hören, dann könnten auch die größten Probleme bewältigt werden, das ist die starke Aussage des Films. Dies unterstreicht Komandarev auch mit dem Zitat: „Bulgarien ist das Land der Optimisten, denn die Realisten und Pessimisten haben das Land verlassen.“

    Das dieses Zusammenhalten aber meist nicht so einfach ist wird durch verschiedenste Situationen in den Taxifahrten auch deutlich. Respektlosigkeit, Verlogenheit, Machtgier sind nur ein paar Charaktereigenschaften, die in diesen kurzen Taxifahrten zum Vorschein kommen. Die Lage scheint hoffnungslos zu sein, aber dass dem eben nicht so ist will der Regisseur mit seinem Film beweisen und dieses Gefühl bekommt auch der Zuschauer. Ein schöner Film, mit vielen tiefen Abgründen, aber auch ebensolchen wenigen Lichtblicken. Ein Appell daran auch in den heftigsten Krisenzeiten nicht die Zuversicht zu verlieren und weiterzukämpfen.
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    21.04.2018
    09:56 Uhr