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    Der elterliche Zwist

    Exklusiv für Uncut von der Diagonale
    Die Dokumentarfilmemacherin Ivette Löcker weiß Menschen auf eine ganz besondere Art und Weise darzustellen, wie sie bereits mit ihren Filmen „Nachtschichten“ (Diagonale Preis bester Dokumentarfilm 2010) und „Wenn es blendet, öffne die Augen“ (2014) bewiesen hat. In ihrem neuesten filmischen Werk „Was uns bindet“, welches zudem der diesjährige Preisträgerfilm der Diagonale im Dokumentarbereich ist, widmet sie sich dem schwierigsten aller Themen: der eigenen Familie.

    Das alte, baufällige Bauernhaus ihres Vaters wird Ivette zur Hälfte vorvererbt, nun gilt es dieses zu begutachten. Gemeinsam mit ihrer Schwester begibt sie sich daher zurück an den Ort ihrer Kindheit, ein kleines Dörfchen im Salzburger Lungau. Eine Möglichkeit für Ivette ihre eigenen Gefühle zur Heimat und vor allem die Beziehung zu den Eltern zu überdenken. Diese sind seit über zwanzig Jahren getrennt, leben jedoch nach wie vor unter demselben Dach, die Mutter im Erdgeschoss, der Vater im kargen Keller. Eine Situation, die für alle belastend ist, doch scheinen sich die beiden schon längst damit abgefunden zu haben. Immer wieder wird der Anschein erweckt, als könnten die beiden zwar nicht miteinander, aber auch nicht komplett ohne einander auskommen, selbst die kurzen Gespräche am Tisch, die Yvette mit ihren Eltern führt, werden immer wieder von kleinen Sticheleien unterbrochen. So sehr sich die Eltern auch einen neuen Partner gewünscht hätten, nun fühlen sie sich zu alt dafür und so wurde die Suche im Grunde bereits aufgegeben.

    Ein schonungslos-ehrliches und berührendes Schaubild einer Familie, die einen Bruch in ihrer familiären Gemeinschaft ertragen muss. Die von den handelnden Personen angesprochenen Themen wie Liebe, Tod, Einsamkeit oder Trauer sind so derart menschlich und natürlich, dass man sich sofort mit diesen verbunden fühlt, und beginnt über sein eigenes Leben zu reflektieren.

    „Was uns bindet“ ist eine mutige, ungeschönte Momentaufnahme, die dazu anregt, verdrängte Konflikte anzusprechen und zeigt, dass auch das Unvollkommene schön sein kann.
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    07.04.2017
    23:10 Uhr