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  • Bewertung

    Eine Reise ohne Wiederkehr

    Im letzten Film 'Untitled' des viel zu früh verstorbenen Regisseurs Michael Glawogger, der es sowohl verstand mitreißende Dokumentationen, als auch herzhafte Komödien zu inszenieren, steht ganz allein das Bild im Fokus. Das collagenhafte Bildmaterial, welches Monika Willi zum nun vorhandenen Werk zusammengefügt hat, verfügt weder über Untertitel, noch zieht sich ein roter Faden durch das Lichtspiel, dennoch vermittelt das Gezeigte eine magische Welt, in der weder Grenzen noch kulturelle Differenzen eine Rolle spielen. Die schwierige Aufgabe, nach dem plötzlichen Malariatod Michael Glawoggers während seiner Reise quer durch Europa und Asien, die dort entstandenen Bruchstücke zu einem Ganzen zusammenzufügen, meistert Monika Willi wunderbar und so entstand mit dem Film 'Untitled' eine außergewöhnlich schöne Hommage an das Leben und Wirken von Michael Glawogger.
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    02.04.2017
    12:28 Uhr
  • Bewertung

    Betörender Bildrausch in Ehren Glawoggers

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2017
    „Alles filmen, was mir begegnet“: Dies war die Intention des österreichischen Filmemachers Michael Glawogger („Whores Glory“, „Megacities“), als dieser im Dezember 2013 zu einer Reise quer durch Italien, den Balkan, sowie Teilen Nord- und Westafrikas aufbrach.

    Er wollte das Experiment wagen, einen Dokumentarfilm zu drehen, der sich keinem spezifischen Thema widmet und einfach alles mit der Kamera einfängt, was er zu Gesicht bekommen sollte. Glawogger konnte sein Herzensprojekt jedoch leider nie eigenständig vollenden – er verstarb während den Dreharbeiten im Alter von nur 54 Jahren in Folge einer plötzlichen Malaria-Erkrankung in Liberia. Monika Willi, Stammcutterin und gute Freundin des Regisseurs, nahm sich nun der Aufgabe an, das zwischen 2013 und 2014 gedrehte Material zu einem kompletten Film zusammenzuschneiden. Das Ergebnis, das ironischerweise „Untitled“ betitelt wurde, kann sich mehr als nur sehen lassen: Willi gelang es die fantastisch aufgenommen Bilder eindrucksvoll auf die große Leinwand zu übertragen und Glawoggers Weg ehrenwürdig fortzuführen. Untermalt wurde das Ganze von einem Voice-Over mit Texten aus Glawoggers Reisetagebüchern.

    Der Zuschauer wird dabei in verschiedenste Kulturen entführt und kann durch die ästhetische Wirkungskraft wunderbar in etwaige Schicksale eintauchen. Die von Kameramann Attila Boa eingefangenen Bilder könnten dabei kaum konstrastreicher sein. Auf der einen Seite wird die Grässlichkeit und destruktive Kraft der menschlichen Natur in Form grausamer Aufnahmen eines von Maden zerfressenen Kadavers oder z.B. auch durch ausgebombter Wohneinrichtungen im Balkan dargestellt. Dem gegenüber gestellt wird unter anderem eine kraftvolle Sequenz, in der eine Gruppe einbeiniger afrikanischer Jugendlicher zu sehen sind, die trotz ihres Handicaps am Strand mithilfe von Krücken Fußball spielen und dabei offenbar große Freude verspüren. Durch die Symbiose des eleganten Schnitts und der musikalischen Untermalung transzendiert diese Szene zu einem filmischen Ballett, dem man stundenlang zuschauen könnte.

    Positive Momente wie diese sind es, die dem Film seine hoffnungsvolle Energie verleihen, die den Zuschauer dazu ermutigt, den persönlichen Stärken mehr Beachtung zu schenken als den Schwächen und aus jeder Niederlage das Beste rauszuholen.

    „Bitte, versteck mich. Solange, bis mich keiner sieht.“, hört man die Stimme aus dem Off gegen Ende des Filmes sagen. Eine tödliche Vorausahnung, die sich später leider bewahrheite und einen erschauern lässt.

    „Michael, wo immer du dich versteckst. Jeder Moment war eine Feier.“, schreibt Monika Willi in den Nachspann und man bekommt dabei als Zuschauer das Gefühl, als wäre man Teil seiner letzten großen Reise gewesen. Willi hat aus Glawoggers Herzensprojekt „Untitled“ einen poetischen Bilderrausch geschaffen, der den Zuschauer über die gesamte Laufzeit hinweg in einen trancemäßigen Zustand versetzt, und dabei ihren langjährigen Wegbegleiter ein Denkmal gesetzt, für das er in den Annalen der österreichischen Filmhistorie auf ewig weiterleben wird. Glawogger wäre stolz.
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    23.02.2017
    20:42 Uhr