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    Hamlet unter Diamanten

    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    Ein junger Mann will den Niedergang seines Vaters rächen. Der Täter: die eigene Familie, allen voran sein Onkel. Dass die Story ein wenig nach Hamlet klingt ist kein Zufall, erklärt Regisseur Arthur Harrari. Er wollte in seinem ersten Spielfilm nicht nur eine gute Kriminalgeschichte erzählen, er wollte er ihr auch etwas von Shakespeare verleihen. Pier ist von Rache getrieben. Doch letztendlich muss er sich entscheiden, ob er diesen Hass auslebt, oder sein eigenes Leben leben will.

    Das Gewicht der Beziehung und der Schuld gegenüber den Vater verfolgt Pier durch den ganzen Film. Regisseur Harrari bedient sich zahlreicher kreativer Symbolismen, um den inneren Konflikt Piers Ausdruck zu verleihen. Die Hand, die sein Vater bei einem Arbeitsunfall in der Jugend verlor, und die der Auslöser seiner Probleme und des Verstoßes war, sucht Pier immer wieder heim. Sei es in seinen Albträumen, im Wahrzeichen Antwerpens, einer Statue die eine lose Hand hält, oder, eher humorvoll angelegt, in den Postkarten und den Schokoladen im Touristenshop. Harrari legt hier bewusst falsche Fährten, lässt den Zuschauer in Antizipation verweilen, ob der Verlust einer Hand gegen Ende nochmals eine Rolle spielen wird. Jedoch muss man dem Regisseur zugutehalten, den Höhepunkt seines Krimis schlussendlich anders angelegt zu haben.

    Die Geschichte kommt dennoch nicht ohne gewisse Klischees des Genres aus. Harrari erzählt die klassischen Rachestory eines Außenseiters, der ganz der Vater sich als Naturtalent in einer bestimmten Disziplin entpuppt oder sich an die Verlobte des Cousins ranmacht. Doch ähnlich wie mit der Hand schneidet Harrari diese Themen nur an, die Konsequenzen sind nicht jene, die der Zuschauer gewohnt ist zu sehen. Harrari hakt sämtliche Boxen der Plotentwicklung eines Krimis ab, ohne aber ihren üblichen Konventionen zu folgen.

    Im Endeffekt geht es weniger um die Rache an der Familie, sondern um das Seelenwohl von Pier selbst. Harrari lässt einen Außenstehenden, den gutherzigen indischen Businessmann Vijay Sha Gopal, Piers Situation zusammenfassen. „Was können Sie jetzt noch machen?“ fragt er ihn. Pier muss entscheiden, ob er diese Rache für sich durchziehen will, oder für jemanden der nicht mehr lebt und daher nicht davon profitieren kann.
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    07.11.2016
    21:49 Uhr