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    Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
    Vorneweg als Auffrischung eine kurze Zusammenfassung der Begebenheiten: Der Kongressabgeordnete Anthony Weiner ist 2011 zurückgetreten. Grund dafür war das Auftauchen anzüglicher Fotos von ihm, die er Frauen geschickt hat. Während dieser Zeit war seine Frau Huma Abedin, eine enge Vertraute von Hillary Clinton schwanger. Die Ehe hat diesem Skandal standgehalten und Huma hat Anthony Weiner bei seinem politischen Comeback 2013 sogar unterstützt. Um Chancen im Rennen um das Amt des Bürgermeisters von New York zu haben, entschuldigte sich Anthony Weiner bei seinen WählerInnen und auch seine Frau zeigt demonstrativ ihm verziehen zu haben und ihn zu unterstützen. Tatsächlich verzeihen ihm die WählerInnen und Weiner führt sogar in den Umfragen, bis ein zweiter Sexting-Skandal ans Licht kommt.

    Der Film dokumentiert den Neustart von Anthony Weiner und wie er und sein Team es schaffen sein Bild in der öffentlichen Wahrnehmung komplett zu ändern: Vom „perversen Untreuen“ wird er wieder zu einem wählbaren Politiker. Es wird ein engagierter, streitlustiger und charismatischer Anthony Weiner porträtiert, der auf Grund seiner aktiven Politik für den Mittelstand sogar die Umfragen anführt. Dabei rücken seine ehemaligen Fehltritte auch im Pressespiegel in den Hintergrund.

    Der zweite Teil, nach dem neuen Skandal als „Carlos-Danger“, hält die Implosion der Kampagne und den tiefen Fall Weiners fest. Plötzlich ist er das Schlusslicht in den Umfragewerten und seine politischen Inhalte sind nicht mehr relevant, sondern es geht nur noch um sein privates Verhalten und darum, dass er die WählerInnen angelogen hat, als er nach dem ersten Mal Reue zeigte.

    Insgesamt zeigt die Dokumentation wie das Privatleben von PolitikerInnen immer stärker in ihre öffentliche Rolle hineinspielen. Politische Inhalte scheinen hier oft sogar in den Hintergrund, hinter die persönliche Erscheinung zu treten. Dabei schafft es dieser Film ein sehr breites Bild zu zeichnen: Er weckt Sympathien für den engagierten Politiker Weiner. Im Zuge seiner Aktivitäten stellt man sich als Publikum vermehrt die Frage, wieso dieser Skandal für die WählerInnen überhaupt relevant war. Falls es dennoch die eigene Meinung beeinflusst hat, hilft das Verzeihen seiner Frau Huma, ihm auch vergeben zu können, ganz nach dem Motto: Wenn sie darüber hinwegkommt, können es alle anderen auch. Gleichzeitig stellt der Film diese öffentliche Ehe dar. Hier sehen die ZuseherInnen, wie die an sich so resolute und souveräne Huma nach dem zweiten Skandal zunehmend verfällt. Während des Films entwickelt man viel Mitgefühl zu ihr, und schließlich auch zu den WählerInnen, die ihr Vertrauen in Weiner verlieren, weil er sie angelogen hat. Aber die Frage ist, ob es tatsächlich das Anlügen war, oder der Skandal an sich, der sein politischen Wirken in den Hintergrund rücken ließ.

    Außerdem präsentieren Kriegman und Steinberg den Medienspiegel und zeigen, wie sehr sich hier die zur Schaustellung einer Person verändern kann. Von ständigen Witzen über Weiners Fotos, über die Prophezeiung von Weiner als Bürgermeister, bis hin zum großen Lügner finden sich alle Darstellungen.
    Der Film dokumentiert die Zweischneidigkeit des Wahlkampfs sehr treffend. Durch den Medienspiegel und die durchaus humoristische, selbstironische Person von Anthony Weiners selbst, hat diese Dokumentation jedoch auch einen hohen Unterhaltungswert. Eine sehenswerte Dokumentation, die wohl auch in den nächsten Jahren in ihrer Thematik höchst aktuell bleiben wird.
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    23.10.2016
    21:28 Uhr