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    Das Auf und Ab der jungen Liebe

    Die Familie Molcho hat in Wien einen Namen. Er steht vor allem in Verbindung mit gutem Essen. Haya Molcho, die auch einen kurzen Auftritt in "History of Now" hat, leitet die enorm erfolgreichen Neni-Restaurants und finanzierte so den ersten Film ihres Sohnes Nadiv, der quasi eine romantische Neni-Werbung in Spielfilmlänge gedreht hat.

    Nadiv Molcho hat sich viel vorgenommen für seinen ersten Film: er ist Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller in einem. Da hat sich der Jungregisseur wohl etwas von Woody Allen abgeschaut, und zwar nicht nur das. Der Film erinnert oftmals stark an „Der Stadtneurotiker“, auch der Hauptcharakter versucht sehr einer zu sein. Doch es gelingt nicht ganz. Er ist am Ende mehr ein hoffnungsloser Liebeskranker als ein neurotischer Chaot.

    Molcho erzählt die Liebesgeschichte von Eli und Maya - ausschließlich. Doch deren Geschichte ist nicht genug, um einen ganzen Film zu tragen. Anstatt sich auf Eli und Maya als Charaktere zu konzentrieren und ihnen Tiefe zu geben, konzentriert sich Molcho ausschließlich auf ihre Beziehung und bedient sich dabei leider auch noch recht vieler Klischees. Mayas Charakter wird durch den sogenannten male gaze eingeführt. Wir sehen sie also durch die Augen von Eli, der sie in der Küche eines Restaurants sieht und sofort hin und weg ist. Etwas später bei ihrer Zigarettenpause versucht er sein Glück und spricht sie an. Aus einem Date wird eine Beziehung und ein Film voller tatsächlich sehr schöner Aufnahmen von zwei jungen Menschen, die sich lieben: viele Zärtlichkeiten, viele anzügliche Blicke, viele gerauchte Zigaretten. Moloch erschafft das perfekte Manic Pixie Dream Girl und Aya Beldi spielt es perfekt.

    Molcho, der Regisseur, weiß, was schön ist. Maya ist schön. Die Straßen Wiens sind schön. Marokko ist schön. Alle Locations sind wunderbar gewählt - bunte Lichter am Prater machen sich gut (das weiß auch Josef Hader), der Tel Aviv Beach am Donaukanal versprüht gute Laune, marokkanischer Wind wirbelt auf.

    Molcho, der Drehbuchautor, weiß weniger, was er tut. Mayas Blicke sagen mehr als die geschrieben Dialoge. Der Konflikt am Ende wirkt eher erzwungen und eskaliert auf eine telenovela-artige, aufgeblasene Art und Weise. Auch die Rahmenhandlung (Eli und Maya treffen ein Jahr nach ihrer Beziehung aufeinander und schlendern zu zweit durch die nächtlichen Straßen Wiens) ist nicht wirklich gut geschrieben. Sie unterbricht die eigentliche Geschichte unregelmäßig und zwecklos, nur um in uns am Ende noch einen Hoffnungsschimmer für Eli und Maya aufkommenzulassen. Als Zuschauer möchte man diesen Hoffnungsschimmer leider eher ersticken, denn trotz der schönen Pärchen-Aufnahmen überzeugt ihre Liebe nicht.

    Molchos Film hat seine Stärken und Schwächen. Potenzial ist zwar da, aber es ist noch längst nicht ausgeschöpft. Gerade „History of Now“ hätte als Musikvideo zu Left Boys „Marrakech“ mehr überzeugt als als Spielfilm.
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    05.03.2017
    16:23 Uhr