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    Clash von Freiheit und Tradition

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2016
    In „Die Kommune“ geht es um den Architekturprofessor Erik (Ulrich Thomsen), der von seinem verstorbenen Vater eine riesige alte Villa geerbt hat. Seine Ehefrau Ann, großartig gespielt von Trine Dyrholm, schlägt vor, weitere Freunde einzuladen, die in das große Haus miteinziehen sollen. Dadurch will sie etwas Spannung in ihr aller Leben bringen und ausprobieren, wie es ist, in einer Kommune zu leben. Anfangs funktioniert das Zusammenleben der zahlreichen Charaktere noch sehr gut, doch als dann eine Affäre ins Spiel kommt, droht alles zu zerbrechen.

    Thomas Vinterberg ist einer meiner persönlichen Lieblingsregisseure, demnach hatte ich auch gewisse Erwartungen, was diesen Film anging. Gott sei Dank, bin ich nicht enttäuscht worden!

    Ich habe fast das Gefühl, dass Vinterberg mich mit seinen Filmen gar nicht enttäuschen kann, da mir dieser wieder einmal ausgesprochen gut gefallen hat. Mein erstes Lob muss ich an die fantastischen Schauspieler aussprechen. Sie verkörperten ihre Rollen dermaßen gut, man kaufte ihnen jede ihrer Handlungen ab und hatte nicht das Gefühl, sie würden einem nur etwas vorspielen. Die Figuren des Films sind zwar ebenfalls mit viel Liebe geschrieben worden, aber hier setzt auch schon mein einziger wirklicher Kritikpunkt an: Ich persönlich hätte gerne mehr über die einzelnen Charaktere der Kommune erfahren. Es sind nämlich so lustige und absurde Figuren dabei, dass man liebend gerne ihre Hintergrundgeschichten gehört hätte. Vinterberg geht nämlich nur auf zwei Charaktere wirklich genau ein: Erik und Anna. Die anderen haben zwar auch ihre tragenden Rollen und verhelfen dem Film zu einem stimmigen Gesamteindruck, aber sie alle hätten meiner Meinung nach etwas mehr Dialog bekommen können.

    Anna und Erik sind dafür aber wahnsinnig gut geschrieben. Erik ist ein sehr altmodischer männlicher Charakter: Seiner Meinung nach darf, sich ein Mann alles erlauben und die Frau muss versuchen, sich da irgendwie anzupassen, sehr typisch für die Ära, in der der Film spielt. Anna entspricht ebenfalls dem typischen Frauenbild dieser Zeit: aufgeweckt, lebensfroh, experimentierfreudig (passend zur 70er Hippie-Bewegung) aber dennoch etwas angewiesen auf ihren Ehemann. Während man mit Erik nicht so wirklich sympathisiert (was bestimmt auch beabsichtigt ist), sympathisiert man mit Anna umso mehr. Sie ist ein Freigeist, den man als Kinozuschauer niemals traurig sehen will, denn das zerbricht einem wirklich das Herz.

    Die Thematik in „Die Kommune“ – Familie, Zusammenhalt, Tod – hat mich sehr ergriffen und spricht wahrscheinlich viele Leute an. In diesem Film wird das Familienleben wunderbar dargestellt und es wird die Botschaft vermittelt, dass man nicht unbedingt blutsverwandt sein muss, um zu einer Familie dazuzugehören. Und als sich neben der Affäre eine weitere Tragödie in dieser Kommune ereignet, sieht man auch, dass gegen Ende hin alle wieder zusammenhalten, egal welche Differenzen es zuvor untereinander gegeben hat. So wie auch eine richtige Familie funktioniert: man liebt sich, man zerstreitet sich, man geht sich eine Weile lang aus dem Weg, aber wenn man einander braucht, sind alle da. Es war einfach herzerwärmend, die Geschichte dieser abgesehen von Erik liebenswerten Figuren auf der Leinwand mit zu verfolgen.

    Thomas Vinterberg erzählt mit „Die Kommune“ auch auch in einem gewissem Grad seine eigene Kindheit, da er selbst in einer Kommune aufgewachsen ist. Bei der Pressekonferenz gab er zu, dass er es wirklich schade findet, dass es heutzutage in Kopenhagen keine Kommunen mehr gibt. Und nachdem ich diesen Film gesehen habe, kann ich ihm eigentlich auch sehr zustimmen, denn nun hab ich irgendwie selber Lust bekommen, in eine Kommune einzuziehen.
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    19.02.2016
    14:19 Uhr