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    Rührt zu Tränen!

    Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2016
    Astrid (Julia Jentsch) macht als Kabarettistin ganz groß Karriere, ihr Freund Markus (Bjarne Mädel) managt sie dabei. Sowohl beruflich, als auch privat führt das Paar ein perfektes Leben: Sie lieben einander, sie lieben ihre neunjährige Tochter Nele über alles und können es gar nicht erwarten, bis das zweite Kind auf die Welt kommt. Doch ein Besuch beim Arzt ändert alles. Das Ungeborene hat nämlich das Down-Syndrom. Kinder mit dieser Krankheit sind in ihren kognitiven Fähigkeiten stark eingeschränkt, umgangssprachlich bezeichnet man sie auch als „geistig behindert.“ Noch dazu leidet es an einem Herzfehler. Vorerst ist das Paar noch sehr optimistisch, was die Erziehung dieses Kindes betrifft, aber je näher der Geburtstermin rückt, umso mehr Zweifel plagen Astrid. Ist sie dieser Herausforderung wirklich gewachsen?

    „24 Wochen“ ist ein sehr bewegender Film, über die Schwierigkeiten, die man hat, wenn man mit einem behinderten Kind schwanger ist. Regisseurin Anne Zohra Berrached beschreibt hier ein absolut realistisches Familiendrama. Es ist nämlich nicht einfach, ein solches Kind großzuziehen. Solch eine Aufgabe erfordert viel Zeit, Energie und Geduld. Alles Dinge, die die Eltern nicht geben können, da sie aufgrund von Astrids Job viel unterwegs sind.

    Wie die Charaktere mit dieser Situation umgehen ist sehr glaubhaft dargestellt. Markus vertritt eine äußerst moralische Haltung: Er will das Kind auf alle Fälle behalten, er findet es nicht richtig, als Menschen über Leben und Tod Anderer zu entscheiden. Was immer auf die Familie zukommen mag, irgendwie könne man das schon regeln. Astrid auf der anderen Seite sieht das Ganze etwas distanzierter: Sie ist sich bewusst, wie viel Arbeit ein solches Kind bedeuten würde. Außerdem glaubt sie nicht, dass das Kind nach der Geburt ein erfülltes Leben hätte: es könnte sich nicht selber anziehen, es könnte nicht selber auf die Toilette gehen, es könnte einfach nicht wie andere Kinder leben. Und aufgrund des Herzfehlers würden ihm laufend Operationen bevorstehen. Diese grundverschiedenen Betrachtungsweisen stellen die Eltern vor eine folgenschwere Entscheidung: Abtreiben oder nicht?

    Dieser Film geht einem als Kinozuschauer wirklich unter die Haut. Man fühlt mit jeder Figur mit und kann auch jede von ihnen nachvollziehen. Es ist verständlich warum Markus das Kind unbedingt behalten will, er hat großes Vertrauen darauf, dass die Familie der Herausforderung gewachsen ist. Außerdem, ist es allgemein betrachtet nicht die ethisch korrekte Entscheidung ein Ungeborenes nicht zu töten? Aber ich konnte auch Astrids Bedenken absolut verstehen, zumal es letztendlich wirklich ihre alleinige Entscheidung ist, was mit dem Kind passiert. Eine Frau sollte dafür nicht verurteilt werden, wenn sie Abtreibung in Betracht zieht oder diese ausführt. Sie darf den Umständen entsprechend handeln, ohne gleich als „Mörderin“ abgestempelt zu werden. Was ich an Astrid so toll fand, ist, dass sie nie Angst davor hatte ihre Meinung offen zu sagen, egal ob jetzt Markus oder der Presse gegenüber. Ganz ohne Scheu hat sie ihre Bedenken über das bevorstehende Kind kundgetan, und das zu recht. Sie sollte sich nicht für ihre Zweifel schämen müssen!

    „24 Wochen“ ist es gelungen, diese ernste Thematik, - eine Entscheidung, vor die so viele Frauen gestellt werden - sehr ergreifend zu behandeln. Immer wieder hat man sich gefragt „Wie würde ich an Astrids Stelle handeln?“. Julia Jentsch spielt diesen Charakter so überzeugend, man kauft ihr wirklich alles ab. Generell wirkt der Film einfach so echt und realitätsnah, dass ich mir wirklich vorstellen könnte, dass es einer Familie so gehen würde, sollte sie mit einer derartigen Bürde belastet werden.

    Im Kinosaal blieben wirklich sehr wenige Augen trocken, dieser Film hat tatsächlich jeden Zuschauer tief berührt, mich inklusive.
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    16.02.2016
    09:45 Uhr