Forum zu Sully

3 Einträge
6 Bewertungen
70% Bewertung
  • Bewertung

    Ein cineastischer Absturz

    Die erste Frage die ich mir nach diesem Film gestellt habe war: warum macht Clint Eastwood noch Filme? Der Mann war in einigen der besten Filme aller Zeiten zu sehen und hat auch fantastische Filme inszeniert - er wird ohne Frage unvergessen bleiben. Und dennoch sollte er langsam ans aufhören denken und seine Pension genießen. Doch wahrscheinlich ist er einer der getriebenen die nicht aufhören können. Auch irgendwo verständlich.

    "Das Wunder vom Hudson" ist uns allen noch in bester Erinnerung und nach einiger Zeit macht Hollywood das, was es am Besten kann: bekannte Geschichten in einen Film transformieren. "Sully" ist eines der Beispiele, bei denen es nicht funktioniert. Dem Zuseher wurde suggeriert, dass es vorrangig um die Komplikationen danach (also das Hickhack mit Versicherungen und besserwisserischen Behörden und dem medialen Zirkus) ginge, was irreführend ist. Der Film erzählt sich relativ orientierungslos durch das bekannte Passierte und zeichnet den Absturz und die Landung am Hudson fast minutiös nach, was einen großen Teil des Films einnimmt. Der Aufhänger des Films verkommt damit aber fast schon zu einer irrelevanten Nebensache: so als ob eine Portion Erbsenreis zu 85 % aus Erbsen bestehen würde.

    Auch die kleinen Nebenhandlungen die sich eingeschlichen haben, tun dem Film nichts gutes sondern bestärken ihn in seiner Inkohärenz. Da wären Passagiere die fast zu spät zum Gate kommen und im letzten Moment den Flug erwischen, alte Menschen die eingeführt wurden, um die Zuseher emotional zu binden. Die Einbindung dieser Charaktere macht für die Geschichte keinen Sinn und verstärkt lediglich das Gefühl der Orientierungslosigkeit aller Beteiligten dieses Films.

    Aber auch dieser Film hat seine Lichtblicke. Der größte ist Tom Hanks in einer gewohnt souveränen Performance. Das Drehbuch legt ihm leider absurd pathetische Dialogsätze in den Mund, er macht aber merklich das Beste daraus.
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    02.12.2016
    11:58 Uhr
  • Bewertung

    Der Held, der keiner sein wollte

    Exklusiv für Uncut
    Für gewöhnlich erleben wir die Helden der Geschichten, die im Kino erzählt werden, als Protagonisten mit einem Hang zur Selbstdarstellung bzw. mindestens der Neigung, die ihnen zuteil werdende Aufmerksamkeit als angenehm zu empfinden. „Sully“, der Pilot des US-Airways-Fluges 1449, der am 15. Jänner 2009 einen voll besetzten Airbus 320 sicher auf dem Hudson-River aufsetzte, ist das genaue Gegenteil davon. Nicht nur, dass ihn die Ereignisse trotz jahrzehntelanger Erfahrung verwirren und ihm seine Nerven den Schlaf rauben, auch die öffentliche Aufmerksamkeit ist etwas, mit dem er nicht wirklich umgehen kann und eigentlich auch nicht will.

    So gesehen hat Sully in Clint Eastwoods neuestem Film etwas mit dem Regisseur gemeinsam: gut habe ich noch in Erinnerung, wie unangenehm es Clint Eastwood zu sein schien, im Rampenlicht zu stehen und von allen verehrt zu werden, als ich ihn vor einigen Jahren auf der Berlinale erlebt habe. Und zugleich sind (fast) alle seiner Filme handfeste Beweise seines Könnens. Es ist ihnen dieser unaufgeregte und zugleich auf das ganz Wesentliche schauende Stil gemeinsam, der sie in ihrer Inszenierung oft schlicht und gradlinig, in ihrer Wirkung auf das Publikum aber zugleich unverwechselbar eindrücklich macht. Und so ist es auch diesmal dieser besondere Stil des alten Meisters, der diesen Film, der genauso eine kitschige Fernsehproduktion hätte werden können, zu etwas Besonderem und Sehenswertem macht. Akribisch genau hat Eastwood die Ereignisse im Cockpit rekonstruiert. Damit macht er natürlich Luftfahrtbegeisterten wie mir eine große Freude - zugleich aber gibt er dem Erzählten so eine gnadenlose Ladung Realismus und braucht keine Schnörksel drum herum, um sein Publikum zu fesseln und mit dem Piloten, seinem First Officer und der ganzen Crew sowie den Passagieren mit zu bangen, zu hoffen und das Unfassbare schließlich zu begreifen versuchen: wir haben es überlebt.

    Filmisch hat sich Eastwood diesmal sündteure IMAX-Digitalkameras gegönnt und wer den Film in IMAX sehen kann, merkt am hochwertigen Bildmaterial, das hier keine nachträgliche Konvertierung am Werk, sondern schlicht und ergreifend das Beste gerade gut genug war. Ebenso gibt er sich mit der Besetzung keine Blöße: von Tom Hanks abwärts hat Jede und Jeder genau die richtige Rolle und überzeugt von Anfang bis zum Schluss.

    Vielleicht könnte es sein, dass der Film bei Leuten mit sehr geringem Interesse an der Luftfahrt weniger gut ankommt, denn sie könnten sich entlang der vielen technischen Informationen und den damit verbundenen Nachforschungen der NTSB, die in dem Film viel Raum bekommen, langweilen. Aber vielleicht sehen sie sich ja (genauso wie jene mit Flugangst) so einen Film gar nicht erst an. Dem Rest von uns sei der neueste Eastwood jedenfalls wärmstens ans Herz gelegt - als ideale cineastische Brücke zwischen so manchem lauten Sommerblockbuster und den tendenziell eher ruhigeren Filmen rund um Weihnachten.
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    01.12.2016
    22:43 Uhr
  • Bewertung

    Ein echter Eastwood

    Nach AMERICAN SNIPER habe ich mir leichte Sorgen gemacht, da mir die einseitige und patriotische Heldenverehrung zu viel des Guten war. Aber mit der sensiblen Rekonstruktion der realen Beinahe-Katastrophe aufgrund von Vögeln in den Triebwerken ist hier für mich eines klar - Captain Sully hat seinen Job außergewöhnlich gut gemacht und damit 155 Menschenleben gerettet! Von den Passagieren und den Medien als Held gefeiert, musste er offensichtlich um seine Existenz bangen, da die Flugaufsicht einen Rückflug zum Startflughafen für besser empfand ...

    Dieser Teil des Films ist auch das Spannende. Ich kann mich noch gut an diesen Fall erinnern, aber die Hintergründe waren mir unbekannt. Tom Hanks spielt wie gewohnt besonnen und ruhig. Die Regie von Clint Eastwood erinnert an seine besten Werke, wobei auch hier etwas besonders gelungen ist - seine selbst komponierte Musik.
    Die Landung und die Rettung aller Passagiere war ein Wunder!
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    12.09.2016
    15:09 Uhr