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    Der blinde Maler

    ‘Der Esel nennt sich immer zuerst‘, hätte man früher gesagt. Der weltberühmte Maler ist ja wohl bedeutender als der kleine Kritiker Sebastian Zöllner (Daniel Brühl). Davon abgesehen ist es kein Film für Leute, die mit Kunst nichts am Hut haben. Für die andere kleine Zielgruppe ist der Film allerdings ein Hochgenuss. Eine ironische Betrachtung des Kunstbetriebes mit einem liebevollen Einblick in die intersoziale Komponente zwischen Künstler und seinem Werk und der Vermarktung von Kunst. Daneben ist es ein Roadmovie. Beide Männer machen sich auf, Kaminskis Modell und Jugendliebe Therese (Geraldine Chaplin) zu (be)suchen. Die fühlt sich offenbar recht wohl im Ensemble von so viel prominenten Kollegen (Hader, Kurt, Lavant u.a.), wirft aber gleichzeitig mit Alzheimer-Light einen nostalgischen Schatten auf das Geschehen im Sinne von ‘Es ist vorbei!‘
    Für Nicht-Kunstinteressierte gibt es noch die wunderschöne Landschaft der Berge und eine gerade endende Liebesgeschichte mit Elke (Jördis Triebel) und eine nur optional angedeutete mit Kaminskis mystischer Tochter (Amira Casar), die letztlich aber genauso widerspenstig ist wie ihr Vater.
    Interessant die Annäherung und die gleichzeitige Abstoßung des alten Malers (Jesper Christensen) und des jungen Zöllner. Beide brauchen einander. Die geniale Romanvorlage von Daniel Kehlmann, der so gekonnt mit der Wirklichkeit und ihrem Schein spielt, lässt Kaminski auch noch blind sein, obwohl man das nie so recht glauben kann. Das interessante an diesem Film ist das Intermezzo von finanziellem Erfolg und die gleichzeitige Ablehnung desselben. Da ist Witz drin, Egoismus stößt auf Eigensinn und findet oft eine humorvolle Lösung.
    Gekonnt die mehrmalige Überblendung von der Realität in ein Gemälde und umgekehrt. Der Abspann mit einem Schnelldurchlauf durch die abendländische Kunst, wobei Klassiker animationsmäßig in Bewegung gesetzt werden, ist ein eigenes kleines Kunstwerk für sich.
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    03.10.2015
    10:19 Uhr
  • Bewertung

    Der Maler und sein Schüler...äh, Biograph.

    Romanverfilmung nach Daniel Kehlmann.

    Sebastian Zöllner (Daniel Brühl mit langen Haaren und Bart) ist Journalist und arbeitet an einer Biographie über Manuel Kaminski (Jesper Christiansen), einen Maler, der im fiktiven Kosmos vor etwa vierzig Jahren berühmt wurde, als der "blinde Maler" und nunmehr als alter Mann zurückgezogen in der Schweiz lebt. Zöllner, der an einer gewissen Selbstüberschätzung leidet, reist zu ihm, um sein Buch zu vervollständigen. Während die Tochter des Malers wenig angetan ist von dem frechen Zöllner, entwickelt sich auf einem überraschenden Road Trip eine zarte Bindung zwischen Kaminski und seinem Biografen...

    Der Film punktet mit Witz (ich hab mehrmals wirklich gelacht und sehr viel gegrinst), guten Dialogen und guten Schauspielern sowie einigen kreativen Elementen. Die Erzählchronologie wird gelegentlich unterbrochen, wenn wir mit Zöllner in seine Notizen abtauchen. Das Publikum bekommt seine Gedanken zu hören und zu sehen und obgleich die Figur so einige unsympathische Züge hat, bleibt sie Dank Brühl und der Komik sympathisch genug um bei der Stange zu halten.

    Es geht um Kunst, Kulturbetrieb, das Alter und den Sinn des Lebens. Die beeindruckende Two Man Show wird durch ein feines Ensemble ergänzt (u.a. Stefan Kurt auf Französisch, Karl Markovic doppelt, Josef Hader genial wie immer), mit sehr schöner Musik untermalt und mit netten Effekten bei den Kapitelwechseln vervollständigt.

    "Ich und Kaminski" ist eine Komödie, aber mit Substanz, ein bisschen Satire und ist für jeden etwas, der kluge Dialogfilme mag. Bisschen schräg geht es auch zu, wie man's haben will
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    26.09.2015
    13:03 Uhr