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85% Bewertung
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    Gefühltes KZ

    Der Film beinhaltet und thematisiert reine Emotionen und lebt von der Atmo. Durch unscharfe Einstellungen, die Kamera immer fast buchstäblich im Genick des Darstellers, der mit einem Tunnelblick durch das Menschengewirr eines Kzs hastet, werden Sauls Empfindungen (Géza Röhrig) eins zu eins vom der Leinwand in die Gefühle der Zuschauer transportiert. Das wird noch verstärkt durch die permanent geschriehenen deutschen Kommandos und Beschimpfungen des Wachpersonals.
    Es ist eine Fiktion, die sich an der Realität orientiert und die angefangen vom ersten jüdischen König ‘Saul‘ als Namensgeber bis hinunter zum konkreten Versuch des Vaters seinen Sohn durch einen Rabbi begraben zu lassen reicht. Mit Logik wird man diesem Film aber nicht gerecht, der eine außergewöhnliche Stellung innerhalb der bisherigen KZ-Filme einnimmt. Bilder verursachen Gefühle und nur Gefühle wie Angst, Unsicherheit und Stress werden ebenso erfahrbar wie das unberechenbare Ausgeliefertsein in dieser Situation.
    Trotzdem bleiben einige unbeantwortete Fragen:
    Hat Saul etwa gar keinen Sohn?
    Ist der Rabbi ein Konvertit und kein echter?
    Wie kann man so unbehelligt in einem KZ umherlaufen?
    Warum lächelt Saul am Ende als er den blonden Buben sieht, der ihn dann doch verrät?
    Warum schwimmt die Leiche des angeblichen Sohnes bei der Flucht davon?
    Egal. Davon unbehelligt ist es ein beeindruckender Film, der lange nachwirkt und dem man durch faktischen Erbsenzählerei nicht gerecht wird.
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    19.04.2016
    09:16 Uhr