Das ewige Leben

Bewertung durch barry egan  70% 
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Forumseintrag zu „Das ewige Leben“ von barry egan


r2pi (09.03.2015 16:51)
es is nix passiert
abbrennt is er, der brenner. kein geld, kein wohnsitz, und für eine anständige pension zu wenig versicherungsjahre – ein albtraum für die AMS-beraterin. was für ein glück, dass ihm einfällt dass er eigentlich ein haus geerbt hat: in puntigam, in seiner heimatstadt graz. weil das häusl aber genauso desolat ist wie sein besitzer, muss er sich geld borgen oder seine walther PPK verscherbeln – und sich dabei mit alten schulfreunden, einer saumäßigen migräne und einer kugel im kopf auseinandersetzen.

ein typischer brenner-film, schwarzhumorig, nihilistisch und bitterböse – aber das ewige leben ist vielleicht der persönlichste der reihe. mit einem merkwürdigen banküberfall in seiner zeit als polizeischüler und den folgen der freien liebe konfrontiert, nimmt es der brenner schließlich mit der wahrheit nimmer so genau: es is ja gar nix passiert...

fazit: brenner-fans wissen ohnehin was sie bekommen werden: publikumslieblinge wie hader, moretti (der passt mit seiner LKA-karriere und dem gelackten äußeren ein bissel wie prosecco zum brennerschen dosenbier), düringer, silberschneider – und dazu das grazer lokalkolorit. alles in allem eine recht unterhaltsame gschicht, mit highlights von der vorsprache beim amt (weniger lustig, wenn man sowas aus eigener erfahrung kennt), baum umsageln à la hinterholz 8, einem selbstmordversuch mit katze, einer aberwitzigen verfolgungsjagd den schlossberg rauf (die österreichische version) und schließlich einem mords-"gschichtl", bei dem kennedys magic bullet vergleichsweise wie der inbegriff an forensischer logik erscheinen muss. ich weiß nicht, warum mich das alles trotzdem nicht wirklich vom hocker reißt.
 
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barry egan (09.03.2015 19:33) Bewertung
Beißhemmung im Karpfenteich
Mein Eindruck ist, dass der Film nichts Besonderes ist. Und außerdem, dass das von den Rezensenten in den österreichischen Zeitungen und Magazinen gegen besseres Wissen verschwiegen oder nobel umschrieben wird. Keiner will der Nestbeschmutzer sein, der dem Kaiser (bzw. dem zahlenden Volk) sagt, dass er in der Unterhose herumspaziert. Im Falter z.B. gab es ein großes Interview mit dem Regisseur und nur eine klitzekleine Spalte mit einer beschreibenden Filmbesprechung, die nur in einem Satz einen Ansatz von Urteil enthielt: "ein moderner Film noir, der härteste Eintrag der Serie bisher".

Die Rezension auf ORF.at deutet sanft an, dass nicht alles koscher ist: "Die eigentliche Krimihandlung vermag den einen oder anderen Leser bzw. Kinobesucher verwundern, gerade bei 'Das ewige Leben', einer komplizierten Vergangenheitsbewältigungsstory, bei der man sich keine Plausibilitätsfragen stellen sollte." Oder über die Eröffnungsszene im AMS: "Die Großaufnahmen dieser gezeichneten Antlitze, das Display mit den Wartenummern - hier werden Geschichten angedeutet, die stärker sind als alle, die der restliche Film erzählen könnte."

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barry egan (03.03.2015 23:52) Bewertung
Kurzweilig
Treffen sich ein Nöchlinger (Josef Hader), ein Wiener (Roland Düringer), ein Innsbrucker (Tobias Moretti) und eine offenbar Deutsche (Nora von Waldstätten, ist aber Wienerin) vor einer Kamera, reden mehr oder weniger ihren Heimatdialekt und sind trotzdem alle eingefleischte Grazer. Schlechter Witz und Tatsache bei „Das ewige Leben“. Was bei österreichischen Filmen mit dem Quotenpiefke in der Cast Standard ist, wurde hier mit Österreichern auf die Spitze getrieben: Die Besetzung mit Publikumsbringern, die zu Lasten der Authentizität der Erzählung geht. Tobias Moretti bringt seine Zeilen zumindest mit einem charmanten styroiden Dialekt herüber, dem aber die harte Phonetik seiner Tiroler Muttersprache zugrunde liegt. So leidet das Grazer Flair stark, zu stark unter den dem Markt geschuldeten Fehlbesetzungen.

Das ist zudem der erste Brenner-Film, zu dem ich die Vorlage nicht gelesen hatte, trotzdem war er für mich der unspannendste. Die Geschichte war einfach nicht besonders überzeugend und hatte ungefähr das Niveau eines sonntäglichen „Tatorts“. Der eigene Humor von Wolf Haas kommt auch eher selten zum Vorschein (toll aber z. B. die Anfangsszene mit Brenner am Sozialamt). Das Publikum in meiner Vorstellung lachte trotzdem ausgiebig, das war wohl zu einem Teil dem Gratissekt vor der Vorstellung zuzuschreiben. Vielleicht bin ich aber einfach überkritisch, weil ich früher glühender Verehrer von Josef Hader und Wolf Haas war, was sich im Laufe der Jahre etwas abgekühlt hat. Der Publikumserfolg in Österreich scheint dem neuen Brenner mit der Besetzung zumindest sicher. Hader/Moretti/Düringer ist in der Hinsicht einfach ein Jackpot. Positiv hervorheben möchte ich unter den Nebendarstellern noch Christopher Schärf als Kriminalpolizisten, Johannes Silberschneider als Nachbarn und Sasa Barbul als Pinto, die dem Film mit inspirierten Darstellungen ihren Farbtupfer aufdrücken.
 
 

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