The Look of Silence

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Forumseintrag zu „The Look of Silence“ von Josko

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Josko (24.10.2015 21:03) Bewertung
Der Blick des Schweigens
Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
Indonesien 1965-1966: Hunderttausende Mitglieder und Sympathisanten der Kommunistischen Partei Indonesiens (PKI) werden auf brutalste Weise massakriert. Obwohl es als gesichert gilt, dass die Putsch-Beschuldigungen gegen die PKI falsch waren, werden die Täter vor Ort zu einem Großteil noch bis heute als Helden verehrt.

Dokumentarfilmer Joshua Oppenheimer hat sich von 2004 bis 2012 mit Zeitzeugen getroffen. Sein erster daraus entstandener Film „The Act of Killing“ (2012) – in welchem einer der daran Beteiligten seine Morde nachstellt und er dabei vor laufender Kamera ein dramatisches Umdenken vollzieht – hat die Dokumentarfilmlandschaft nachhaltig geprägt.

„The Look of Silence“ ist nun sozusagen der zweite Teil von Oppenheimers Indonesien-Reihe. Im Mittelpunkt steht der Bruder eines der Opfer. Als Optiker trifft er sich jeweils mit einem für den Tod seines Bruders Verantwortlichen, um für ihn eine Brille herzustellen. Mit einer speziellen Vorrichtung lässt er seine Kunden verschiedene Brillengläser testen. Im Laufe dessen kommt er auf die Vergangenheit und auf das Massaker an den „Kommunisten“ zu sprechen. Während die Täter anfänglich beinahe freudestrahlend von dieser Zeit erzählen, ändert sich dies freilich, als der Optiker ihnen offenbart, dass sein Bruder eines der Opfer war. Im Gegensatz zu Joshua Oppenheimer, der mit seinen Interviewpartnern stets sensibler umgeht, konfrontiert er sie direkt, wie sie zu solch grauenhaften Taten im Stande waren. Ein von vielen Tätern wiederholte Aussage ist jene, dass sie doch nicht verantwortlich waren, sondern nur auf Befehl von oben agierten. Aber auch im Gespräch mit einem Befehlsgeber der indonesischen Armee wird klar, dass dieser sich ebenso nicht verantwortlich fühlt, sondern meint, die Morde seien zu einem Großteil von den Zivilisten ausgegangen.

Der Film bringt zwei Massenphänomene ans Licht. 1. Der Mensch ist zu unglaublichen Gräueltaten fähig, aber umso mehr, wenn er sich in einer akzeptierten Masse bewegt. Dabei fällt jede Hemmung und er hat um sich genügend Menschen, auf die die Verantwortung transferiert werden kann. Selbst in der Nachbetrachtung hätte es für die Täter eine keine Option dargestellt, gegen diesen Strom zu schwimmen. 2. Der Blick auf die Vergangenheit ist einer, der durch die Mehrheit gezeichnet ist. In den Gesprächen stellt sich heraus, dass spätestens jetzt durchaus gewusst wird, dass die damaligen Beschuldigungen gegen die „Kommunisten“ falsch waren. Trotzdem werden und lassen sie sich die Täter nach wie vor für ihre „Heldentaten“ feiern. Wider besseren Wissens wird die unbequeme Wahrheit verdrängt und die Historie so dargestellt, wie es die Masse am besten verträgt.

Noch viel mehr lässt sich aus dieser abermals intelligenten Dokumentation von Joshua Oppenheimer herausfiltern. Auch wenn seine Filme emotional stets schwer zu ertragen sind, können sie durch diese Darlegung von Ungerechtigkeiten einen durchaus wichtigen Beitrag für jede Gesellschaft dieser Welt leisten.
 
 

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