Kuzu - The Lamb

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Forumseintrag zu „Kuzu - The Lamb“ von patzwey

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patzwey (14.02.2014 09:30) Bewertung
Prädikat: Sehenswert
Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2014
Merts Aussicht auf die Zukunft ist nicht gerade rosig: Sollte es seinem Vater nicht gelingen ein Lamm für das traditionelle Fest nach der Beschneidung kaufen zu können, soll er selbst als Opfergabe verspeist werden. Zumindest redet ihm seine Schwester das ein. Dass der zutiefst verunsicherte Mert daraufhin panische Angst bekommt und selbst versucht ein Lamm aufzutreiben, ist geradezu verständlich. Und aus der kindlich- fantasievollen Perspektive, die der Film einnimmt, scheint es auch logisch zu sein. Denn Aussichten auf ein besseres Leben hat Mert nicht gerade. Auch, da der nichtsnutzige Vater das hart erarbeitete Geld lieber für eine Prostituierte ausgibt. Damit ist der Film auch ein perfektes Beispiel für eine im diesjährigen Panoramaprogramm der Berlinale immer wieder auftauchende Thematik. Denn oft dreht sich alles um die Perspektivenlosigkeit der Jugend, nachdem die Elterngeneration (und im Besonderen die Väter) versagt haben. Es ist eine immer wiederkehrende Aufarbeitung einer - wohl durch die Wirtschaftskrise ausgelösten - gesellschaftlichen Krise, in der die junge Generation nichts, als einen in leeren Versprechungen verpackten Trümmerhaufen vererbt bekommt.

Der visuell liebevoll gestaltete Film erinnert dabei in seiner Verspieltheit und im Verhältnis von Kindlichkeit, Kamera und Natur an Semih Kaplanoglus „Bal (Honig)“, der 2010 den Goldenen Bären gewann. Ähnlich langsam und ähnlich schön wie in diesem Film, fängt auch hier die Kamera mit Liebe die anatolische Landschaft ein. Nur hier wird das Ganze auch noch mit einer erfrischenden Geschichte ergänzt, die sich vor allem auch durch die mit Liebe zum Detail gezeichneten Figuren auszeichnet. In atmosphärisch dichten Bildern erzählt Regisseur Kutluğ Ataman vom Dorfalltag und entwirft ein authentisch wirkendes Porträt einer in Widersprüche verwickelten Gesellschaft, in der die Anerkennung anderer wichtiger zu sein scheint, als der eigene Nachwuchs. Der Zugang zur eigentlich deprimierenden Thematik erfolgt dabei durch eine viel Witz beinhaltende kindliche Sichtweise auf das Leben, was den Film zu einem sehr gelungenen Gesamtkunstwerk macht.
 
 

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