Die Nonne

Bewertung durch Harry.Potter  75% 
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Forumseintrag zu „Die Nonne“ von Harry.Potter


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Harry.Potter (10.02.2013 23:16) Bewertung
(Wieder-)Verfilmung des Romans von Denis Diderot.
Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2013
Bereits in den 1960er Jahren wurde der Roman von Denis Diderot unter der Regie von Jacques Rivette schon einmal verfilmt. Rund um den Film gab es heftige Diskussionen und der Film konnte nur in einer stark zensurierten Fassung gezeigt werden. Nun, mehr als 50 Jahre später, war für den Regisseur Guillaume Nicloux die Zeit offenbar reif, sich des Themas neu anzunehmen und es zugleich über die unmittelbaren Bezüge zu Suzanne Simonin hinaus als zeitloses Drama rund um Zwang, Unterdrückung, religiöse Frömmelei und klosterinternes Mobbing hinaus zu positionieren. Vielleicht gerade aus dieser Absicht heraus ist dem Regisseur ein überraschend ausgeglichener Film gelungen, der sowohl jenen Erlebnissen ehrlicher Fürsorge und Zuwendung als auch den Erfahrungen von Gewalt, Erniedrigung und lesbischer Zudringlichkeit Platz gewährt. Unter diesen Vorzeichen ist er auch keine pauschale Anklage an die Kirche als allein Schuldige für Suzannes Schicksal geworden, sondern rückt auch die Verantwortung der Gesellschaft in der konkreten Gestalt ihrer Eltern und Geschwister in das gebührliche Licht. Der Versuchung, die homosexuellen Avancen der Oberin im zweiten Kloster, in dem es ihr eigentlich besser hätte gehen sollen, nur für Nacktszenen mit Skandalpotential auszunutzen, ist der Regisseur zum Glück auch nicht erlegen, wodurch sich für die junge Hauptdarstellerin Pauline Etienne ganz auf die Darstellung der emotionalen Achterbahnfahrt und den Versuch, ihren Willen zu brechen und sie seelisch auszuhungern, konzentrieren kann, was ihr hervorragend gelingt. Die Charakterzeichnung der beiden Ordensoberinnen ist dem Regisseur jedoch leider ziemlich missglückt. Sowohl Isabelle Huppert als auch Luise Bourgoin sind zwar auf unterschiedliche Weise die Quelle des Bösen, mit dem Suzanne fertig werden muss, wirken aber eher wie Karikaturen ihrer Figuren, die keinerlei Autorität ausstrahlen und sich aus diesem Dilemma leider auch nicht schauspielerisch retten können. Pauline Etienne als Suzanne überzeugt in ihrer Rolle jedoch auf allen Linien und in jeder Situation und hat sich sicherlich als mögliche Preisträgerin hier in Berlin qualifiziert.
 
 

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