Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott

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Forumseintrag zu „Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott“ von Haubentaucher


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Haubentaucher (16.03.2011 11:34) Bewertung
Elfriede Ott (Blu-Ray)
Horsti und Toni, zwei Versagerfreunde aus Graz, beide Mitte bis Ende 30, brauchen dringend eine Oma. Der Bezirksvorsteher hat sich zum Gratulations-Fotoshooting angekündigt, da Horstis Großmutter laut amtlichen Unterlagen den 95. Geburtstag zelebriert. Die gute Dame ist allerdings schon vor Jahren verstorben und Horsti (Andreas Kiendl) bessert sich mit ihrer Pension sein trübes Dasein auf. Parallel dazu wird die Schauspielerin Elfriede Ott (Ott as herself) ins nahe gelegene Krankenhaus eingeliefert, nachdem sie in ihrem Theater mit dem motorisierten Rollstuhl von der Bühne rumpelte. Toni (Michael Ostrowski), stets mit einer riesigen weißen Limousine unterwegs, will sich die Ott für ein paar Stunden „ausleihen“, nicht ahnend, wen er vor sich hat und welche Ereignisse er damit auslösen wird. Von jeder Menge Sex über Drogen bis zum Mordversuch und der Kastration ist alles in diesem Film enthalten, was man aus Streifen von Tarantino oder Rodriguez kennt. Nur sind hier selbst die Gewalt und die körperliche Liebe humoristisch verzerrt. All das spielt sich übrigens mit atemberaubendem, (großteils) steirischem Slang ab. Zum Finale gibt es ein Happy End für fast alle Beteiligten, selbst für den Autohändler, der sein Geschlechtsorgan auf schmerzhafte Weise eingebüßt hat.

„Die unabsichtliche Entführung“ ist einer der größten Kinoerfolge der vergangenen Jahre aus österreichischer Sicht. Er reiht sich ein in eine Tradition, die mit Josef Haders „Indien“ ihren ersten Höhepunkt verzeichnete. Soziologische Blicke auf Österreich, in diesem Fall speziell auf Graz, mit kabarettistischen Mitteln und einer sehr speziellen Filmsprache, irgendwo zwischen Hackler-Depression, Hippie-Idyllen und kleinbürgerlichem Mief. Dabei gibt es eine Menge zu lachen, selbst für Menschen, die den immer gleichen Schmäh eines Michael Ostrowski im Normalfall nur mehr schwer ertragen. Zu den großen Stärken der „unabsichtlichen Entführung“ gehört eine ungemein präsente und doch zurückhaltend agierende Elfriede Ott, die ihre komischsten Momente in einer Bettszene der besonderen Art hat. Mit einem Pferdemedikament haben sie ihre Entführer zu sedieren versucht, doch die agile alte Dame wiehert, stampft und schnaubt munter vor sich hin. So skurril geht es die meiste Zeit dahin, der Film hat kaum Längen oder Hänger. Das Drehbuch, für das neben Regisseur Andreas Prochaska und Darsteller Ostrowski auch Uwe Lubrich und Alfred Schwarzenberger verantwortlich zeichnen, wurde zu Recht beim Österreichischen Filmpreis 2010 prämiert.
Auszug aus der Blu-Ray-Reviewweiterlesen
 
 

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