Mahler auf der Couch
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Forumseintrag zu „Mahler auf der Couch“
von newhorizon
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newhorizon
(11.06.2025 06:40)
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Verlustängste
Wie bei so vielen Verfilmungen über historische Persönlichkeiten darf man auch diese nicht als akkurate biografische Doku betrachten. Schon allein anhand der Tatsache, dass nicht bekannt ist über was sich Gustav Mahler und Sigmund Freund im Detail unterhielten, kann man schon erahnen wie viel hier noch an eigener Fantasie der Regisseure und Autoren Felix und Percy Adlon (Out of Rosenheim) mit involviert ist. Es war auch der letzte Film des mittlerweile verstorbenen Deutschamerikaners Percy Adlon, welcher von der bekannten Hotelier-Familie Adlon abstammte.
Manches wirkt historisch korrekt, wenn etwa Mahler als hektischer Unruhegeist dargestellt wird, etwas dass auch so ähnlich von manchen Zeitgenossen beschrieben wurde und was auch Mahler selbst immer wieder mal in seinen Briefen selbstkritisch erwähnt hat. Alma Mahler war bekanntlich auch keine Kostverächterin, hatte einige Ehemänner, Liebhaber und Affären aus der damaligen Künstlerszene (beispielsweise auch mit Oskar Kokoschka, Alexander von Zemlinsky, Gustav Klimt oder Franz Werfel)
Diese Geschichte handelt aber über die zunächst heimliche Liebesbeziehung mit dem Architekten Walter Gropius, als es in der Ehe mit Gustav Mahler zunehmends zum kriseln begann. Als der Komponist dies entdeckte hat er den Rat bei Sigmund Freud gesucht.
Auch wenn ich weder Johannes Silberschneider den Gustav Mahler noch Karl Markovics den Sigmund Freud abnehme, machen sie ihre Sache dennoch unterhaltsam gut, die beste schauspielerische Leistung bietet für mich aber Barbara Romaner als Alma Mahler.
Leider kommen mir aber vor allem die Szenen zwischen Freud und Mahler unnatürlich affektiert vor. Das mag ja unterhaltend sein, aber ich kann mir nicht vorstellen dass beide so emotional aufgekratzt und fast schon mieselsüchtig miteinander umgegangen sind als könnten sie sich gegenseitig kaum ausstehen. Da es darüber wie geschrieben keine historischen Aufzeichnungen gibt hat man hier wohl bewusst mehr Drama inszenieren wollen. Auch die immer wieder mal plötzlich auftauchenden kontextbezogenen Erklärungen aus dem „off“, wie etwa von Anna Sofie Schindler-Moll (Eva Mattes) sind für meinen Geschmack eher störend, als dass sie sich gut einfügen oder einen Mehrwert bieten.
Natürlich gibt es dazu noch die Musik von Gustav Mahler, wobei ich es schade finde dass hier vorwiegend nur das Adagio seiner unvollendeten 10. Sinfonie dafür herangezogen wurde. Seine letzte vollendete Komposition die auch in der Ehekrise komponiert wurde. Doch ein wenig mehr von dem einen oder anderen Werk darüber hinaus hätte zu einem besseren Gesamteindruck der musikalischen Tonsprache Mahlers beigetragen (dieses Adagio ist nicht repräsentativ für alle seine sinfonischen Sätze und Lieder), wobei das vermutlich nicht das Ziel der beiden Adlons war.
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