Das Kabinett des Dr. Parnassus

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Forumseintrag zu „Das Kabinett des Dr. Parnassus“ von newhorizon

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newhorizon (12.10.2025 00:43) Bewertung
Viel Fantasie im Detail, weniger in der Geschichte
Bei Terry Gilliam bin ich generell zwiegespalten. Es wirkt auf mich als wenn er immer auf einem schmalen Grat zwischen Unsinn und Originalität wandelt und er riskiert dabei auch meist ordentlich, das kann man ihm nicht absprechen. Zu Teilen kann er mich damit überzeugen, zu Teilen ist es für mich das was er in diesem Film in Kleinformat darbietet, nämlich eine „Freak-Show“. Diesen Film finde ich dennoch als einen seiner Besseren.

Dieser kuriose kleine Wanderzirkus kann im Großen und Ganzen in seiner bizarren, surrealistischen Art überzeugen. Hier erinnert er mich an manche Tim-Burton-Filme. Mitunter fehlt hier auch nicht die unterhaltsame Satire die Gilliam schon bei den Monty-Python-Filmen ausreichend dargeboten hat (diesen Bezug hat er auch selbst in einem Interview bestätigt). Eigentlich eine recht angenehme Mischung wenn man sich auf diese Fantasywelt einlassen kann. Doch irgendwie überzeugt er mich dann doch nur kleinteilig, denn die große überspannende Geschichte hat für mich keinen besonders tiefgreifenden Spannungsbogen, noch originelle Pointen. Dieses Schema gegen Ende „Der tapfere Held muss eine Herausforderung abschließen um seine Begehrte zu erhalten“ mag vielleicht, wenn überhaupt, noch bei den damaligen Brüdern Grimm (im 18. Jahrhundert) einen faszinierenden Effekt bei den Lesern ausgelöst haben, aber das ist für mich so abgedroschen wie unversehrte Slalom-Geisterfahrten in Actionfilmen.

Zu der geteilten Rolle durch Ledger, Depp, Law und Farrell kam es bekanntlich durch den tragischen Tod von Heath Ledger, aber auch wenn es eine gute Lösung war bieten diese Gastauftritte keinen besonderen Mehrwert für den Film. Das mag vielleicht auch daran liegen dass die „Einspringer“ nicht viel Zeit hatten um sich auf die Rolle einzulassen und viergeteilt dann noch einmal zu viel auseinander gestückelt wurde. Doch es hat den Film zumindest gerettet (Gilliam stand schon kurz davor ihn aufzugeben)

Dazu kommt, dass manche Details nicht von Bedeutung für die übergeordnete Geschichte sind, sie verwirren mehr da man sich fragt wie man das im Gesamtkontext einordnen sollte. Was ich Gilliam auf jeden Fall zugute halte, dass er bei den Charakteren, der Kulisse, den Kostümen und Effekten oftmals versucht gewagte Ideen umzusetzen und möglichst kreativ zu sein. Auch wenn ich nicht immer von dem überzeugt bin, schätze ich diese Herangehensweise grundsätzlich.

Da jemand im Forum schreibt „entweder man liebt ihn oder man hasst ihn“ dann muss ich dem schon entscheidend widersprechen. Vielleicht mag es ja so Menschen geben bei denen die Welt entweder nur schwarz oder weiß ist, aber ich finde es schon wichtig Dinge möglichst differenziert zu betrachten und auch wenn er kein Meisterwerk ist (klar für manche Fans schon, aber wenn er es tatsächlich wäre, dann hätte er sicher mehr Fans und somit auch mehr als 6,7 bei imdb) ist er auch weit weg von einer Zumutung. Da kenne ich ganz andere Filme und in dieser Relation betrachtet ist er auf jeden Fall ziemlich gut.
 
 

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