Inglourious Basterds

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Forumseintrag zu „Inglourious Basterds“ von r2pi

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r2pi (14.08.2019 04:24) Bewertung
the power of cinema
and the oscar goes to... nein, nicht an tarantino für sein skript zu inglourious basterds! ich hab selten so ein angfressenes gesicht gesehen, und selten so viel genugtuung verspürt. trotz allem.

die moralische front wäre ja eigentlich klar auszumachen: ein dirty-dozen-trupp hinter den feindlichen linien, die holde maid in lebensgefahr, der fiese nazi-jäger, aufopferungswillige helden. und doch ist alles anders...

wie immer klaut tarantino unverschämt bei anderen filmen, und wie immer macht er daraus etwas neues, eigenes, eigenständiges – aber hier vielleicht noch radikaler als sonstwo. die basterds sind dämliche trophäenjäger mit barbarischen attitüden, die nazis betreiben ihr mörderisches geschäft vielleicht nicht mit überragender intelligenz, aber äußerst effektiv. hans landa, der berüchtigte judenjäger, ist jedoch ein ausbund an charme, polyglott und kulturbeflissen. "wir österreicher sind freundlich", hat waltz einmal erklärt, "aber wir meinen das nicht so..." so sieht einer der gelungensten bösewichte der filmgeschichte aus.

aber nicht nur die charaktere sind zwiespältig – die story ist es ebenso: die revenge-torture-terrorism-fantasy ist so krass überzeichnet, dass jede identifikation verunmöglicht wird, jede erleichterung ausbleiben muss, jeder lacher im hals stecken bleibt. so wie der naive nazi-held zoller angesichts seines propagandafilmchens plötzlich erkennt, WAS er da eigentlich sieht.

fazit: ein ungewöhnlicher streifen im gewand der befriedigung niederer instinkte, rache, vergeltung, metzelei, mit einer genialen eröffnungssequenz... und ein denkanstoß, der von tarantino vermutlich gar nicht beabsichtigt war: was wäre, wenn sich die geschichte tatsächlich so abgespielt hätte? wie hätte sich das deutsche volk weiter entwickelt? mit einer neuerlichen dolchstoßlegende...?
darüber hinaus – und dazu muss man die basterds auf der großen leinwand gesehen haben – ist das tarantinos vielleicht persönlichste liebeserklärung an das kino, an die explosive kraft der bilder: "the power of cinema" (zitat tarantino), metaphorisch und buchstäblich. das zelebrieren von filmvorführungen, schwerer samt, üppige dekoration, das surren und flackern der projektoren. so besonders wie oper oder ein gottesdienst.

warum ich mich trotzdem über den skript-oscar für the hurt locker gefreut habe? ich mag die person tarantino nicht, seine arroganz, seine selbstverliebtheit, seine verachtung. und trotz aller intelligenz und aller liebe zum film: es gibt wichtigeres...
 
 

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