Abenteuerlicher Überlebenskampf mit unrealistischem Ausgang
Einige schreiben hier der Film ist nur langweilig. Ich kann das verstehen wenn man nur Filme gewohnt ist wo man permanent mit Szenenwechseln, Dialogen, eventuell noch hektischen Action-Sequenzen überflutet wird, also typischer Hollywood-Mainstream. Der Mensch ist halt ein Gewohnheitstier. Ähnlich wie wenn Menschen die nur synthetisch erzeugtes Vanillearoma gewohnt sind, echte Vanille als langweilig empfinden. Ich habe einen etwas anderen Zugang.
Ich finde es im Gegenteil schon angenehm, wenn es aus Hollywood auch mal Filme gibt bei denen man nicht einer Reizüberflutung an Sinneseindrücken ausgesetzt wird. Es geht hier meiner Meinung nach auch weniger um permanente Pointen und Überraschungen sondern um ein Psychogramm eines Menschen der sich in einer mehr oder weniger aussichtslosen Situation und ständigem Überlebenskampf befindet. Wie geht dieser Mensch damit um? Welche Lösungen findet er? Wie entwickelt sich sein psychischer Zustand? Hätte ich als Zuschauer ähnlich oder ganz anders reagiert?
Eine dabei sehr essenzielle Frage stellt sich dabei gegen Ende: Möchte man diese Situation als Dauerzustand haben oder will man mittels einer waghalsigen Aktion alles auf eine Karte setzen, das heißt Tod oder Rettung. Sicher, fast keiner von uns wird je in diese Situation kommen aber ich habe schon versucht mich in so eine hineinzufühlen.
Der oftmals zu lesende Vergleich mit Robinson Crusoe stimmt nur oberflächlich. Chuck Noland (Tom Hanks) landete auf einer Insel ohne jegliche Zivilisation, während Crusoe mit Ureinwohnern bzw. Kannibalen zu tun hatte und später mit Freitag und einem Spanier auch Leidensgenossen traf. Das macht schon theoretisch einen großen Unterschied aus. Auch der Umstand, dass auf Crusoes Insel mitunter Schiffe anlegten macht die Wahrscheinlichkeit von der Insel zu entkommen auch wesentlich einfacher. Somit ist die Flucht von der Insel auch wesentlich realistischer bei Robinson Crusoe.
Geschickt wurde auch mit Product Placement gearbeitet, der US-amerikanische Hersteller von Sportarikeln namens „Wilson“ und das US-amerikanische Logistikunternehmen FedEx werden sicher nicht wenig gezahlt haben, so prominent sie des Öfteren im Film platziert und erwähnt werden.
Tom Hanks spielt die Rolle herausragend, aber der Film erntet bei mir doch viele Abstriche durch das unrealistische Ende. Achtung Spoiler: Wir sollten uns dazu vor Augen führen, dass der Ozean weitaus größer ist als alle Kontinente dieser Erde zusammen. Die Chance dass also mitten im Pazifik ein großes Frachtschiff ein kleines Floß entdeckt bevor der Mensch darauf weder an Dehydrierung (ohne Regen maximal 3 Tage Zeit!) noch an einem Unwetter verstorben ist, ist sicher nicht größer wie ein Lottogewinn (dieser liegt bei 0,0000123 %) Über so ein riesiges Plot-Hole für den Ausgang kann ich nicht hinwegsehen. Das ist Happy-End-Kitsch in Reinkultur. Dann lieber noch, dass man irgendeinen Naturforscher der die Flora und Fauna der Insel untersuchen möchte mit in die Geschichte einbaut, aber klar, das wäre ja weniger spektakulär als das gezeigte Himmelfahrtskommando auf dem Floß.
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