Frost/Nixon

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Forumseintrag zu „Frost/Nixon“ von r2pi

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r2pi (09.04.2015 21:57) Bewertung
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david frost: i've had an idea for an interview: richard nixon.
john birt: you're a talk show host. i spent yesterday watching you interview the bee gees.
david frost: weren't they terrific?

mr. david frost hat eine großartige idee: er wird ex-präsident nixon interviewen – 1977, drei jahre nach dessen unrühmlichem abgang aus der politik, ist der "schillerndste politiker" noch immer für "tolle einschaltquoten" gut; die politcracks, die frost inhaltlich unterstützen sollen, sind zwar nicht ganz so optimistisch – tricky dick wird mauern, fürchten sie, wollen aber die chance nicht missen, dem mann den prozess zu machen, der zigtausende amerikaner und eine million asiaten auf dem gewissen hat: die USA brauchen eine verurteilung dieses präsidenten, und das schlimmste verbrechen wäre es, wenn sich nixon hier reinwaschen könnte...

und lange sieht es ganz danach aus: der "performer" und talkshowmaster frost geht lieber zur premiere von "cinderellas silberner schuh", anstatt sich auf das erste interview vorzubereiten, erhofft stattdessen eine "attitüde der aufrichtigkeit" – nixon, anstatt in bedrängnis zu geraten, weicht aus, schwafelt, führt frost nach allen regeln der kunst vor: "das tempo bestimmen, ihn ja nicht kommen lassen", wird der ex-präsident gecoacht, wie bei einem boxkampf.

doch dann passiert das unglaubliche: vor der letzten session ein nächtlicher anruf, nixon lässt angetrunken seinem minderwertigkeitskomplex freien lauf. hier kann es nur einen gewinner und einen verlierer geben, wird frost unangenehm bewusst: die werbeeinnahmen sinken bereits, 600 000 dollar interviewhonorar scheinen bereits verloren, die kollegen sind wütend: "du machst ihn wieder zum präsidenten...!" endlich, atmet man auf, macht frost sich an seine hausaufgaben, liest sich in die materie ein, hört die watergate-bänder ab, lässt lücken recherchieren – und endlich gelingt es ihm, im letzten moment, nixon festzunageln: er habe "im interesse der nation" gehandelt, und: "wenn ich als präsident etwas tue, ist es nicht illegal..."

nach diesem sager ist das eingeständnis nixons, "ja, ich habe entsetzliche fehler gemacht", und "ich habe das amerikanische volk und die demokratie verraten" nicht viel mehr als formsache (und frosts ruf gerettet).

fazit: "the interview" in der ernsten (und ernst zu nehmenden) variante: ein wunderbar gespieltes lehrstück über die macht der rhetorik, die unverzichtbarkeit von recherche und investigativem journalismus – und nicht zuletzt über die aussagekraft der bilder: nixons schuldgeständnis und niederlage wird erst duch die nahaufnahme des eingefallenen gesichts, der gebeugten körperhaltung so richtig deutlich. politisch interessierten wird jedoch seine anmaßung, als präsident über dem gesetz zu stehen, im hals stecken bleiben – wurden nicht unlängst die gegen menschenrecht sowie US-gesetze verstoßenden "enhanced interrogations" eben damit begründet: "was ein präsident anordnet, kann nicht illegal sein...?"
 
 

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