Angel

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Forumseintrag zu „Angel“ von 8martin

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8martin (13.03.2021 10:49) Bewertung
Traumverloren
Regisseur Francois Ozon ist mit dem Biopic über die Schriftstellerin Marie Corelli, die am laufenden Band Romane veröffentlicht hat, ein Risiko eingegangen. Diese Schriftstellerin hat das Weltbild von Generationen von jungen Frauen um 1900 gestaltet. Blätter wie Die Gartenlaube, die Fortsetzungsromane enthielten, bestimmten so das Frauenbild einer ganzen Epoche. Wenn man da einsteigt, geht es nicht ohne großen Pomp. Und man könnte sich in einem Kostümschinken verlaufen, mit allem, was dazugehört wie z.B. der innige Kuss unterm Regenbogen.
Der Plot konzentriert sich aber auf den Aufstieg der Schriftstellerin (Angel Deverell), die ihren Leserinnen genau das bietet, was sie wünschen. Die wichtigste Begleiterscheinung dabei ist der zunehmende Reichtum der Dichterin bei gleichzeitigem Realitätsverlust. Sie kann ihre übertriebene Egozentrik voll ausleben und dabei in gehobenen, intellektuellen Kreisen negativ auffallen, wenn sie die ungehobelte Proll-Trude gibt. Diesen Kontrast macht ihr Verleger Théo (Sam Neill) und seine elegante Gattin Hermione (Charlotte Rampling) deutlich. Und soweit ist alles noch mit etwas Humor unterlegt.
Als der Maler Esmé (Michael Fassbender) in Angels Leben tritt, setzt er eine tragische Abwärtsspirale in Gang, an deren Ende das vorübergehend überglückliche Paar aus dem Leben scheiden wird. Erster Weltkrieg, Verlust eines Beins und finanzielle Abhängigkeit von der wohlhabenden Ehefrau treiben Esmé aus dem schlossartigen, gemeinsamen Wohnsitz, der den bezeichnenden Namen ‘Paradise‘ trägt.
Emotionsgeladene Szenen lassen keine Langeweile aufkommen: z.B. Kuss/ cut – Ohrfeige/ cut / Spuckattacke. Extreme Liebesbeweise! Neben Fehlgeburt, Alkohol und vielen Tränen.
Als Angel erkennt, dass sie wie in einem Traum gelebt hat (s. Titel!), verliert sie erst symbolisch das Augenlicht, dann den Verstand. Wagnis ist nur teilweise geglückt.
 
 

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