Kleiner, feiner, Wohlfühl-Trennungsfilm
Exklusiv für Uncut von der ViENNALE „Volveréis“, der neue Film von Regisseur Jonás Trueba, erzählt die Geschichte von Ale und Alex, einem Paar aus Madrid, das beschließt, sich nach 15 Jahren Beziehung zu trennen. Sie sind kinderlos und es gibt keine neuen Partner, es wird nicht gestritten und mit Türen geknallt, eigentlich mögen sie sich immer noch sehr gerne, auf eine abgeklärte und beiläufige Art. Das Leben, so scheint es, ist irgendwie einfach dazwischengekommen, zwischen die beiden. Wissen tun wir es als Zuseher aber nicht so genau, denn die Gründe für die Trennung sind nicht das Thema von „Volveréis“.
Das Thema ist tatsächlich der Akt an sich. Alex erinnert Ale daran, dass ihr Vater immer gesagt hätte, man solle die Trennungen feiern, nicht die Hochzeiten, denn was nach der Hochzeit passieren würde, wisse man nicht, während das Ende fix sei. Ale ist anfangs skeptisch und meint, das wäre eine Idee für einen Film, ließe sich in der Realität aber nicht bewerkstelligen. Achtung Metaebene! Und gleich noch eine: Beide sind in der Filmbranche tätig, Ale als Regisseurin, Alex als Schauspieler. Sie drehen gerade eine Beziehungsfilm, über den sich die ersten Zuschauer später fragen werden: Ist es linear oder zirkulär, was hier passiert. Noch mehr Meta. Jedenfalls entschließen sie sich letztendlich doch zu einem großen Fest.
Was folgt, ist eine immer gleiche Routine. Sie treffen jemanden allein oder auch zu zweit und müssen diesem von der Trennung und dem Fest erzählen. Auch wenn das sehr redundant klingt, ist es ungeheuer spannend, wie die einzelnen Personen auf diese Neuigkeiten reagieren und wie diese Reaktion dann wieder etwas in Ale und Alex auslöst. Kalt lässt eine solche Ankündigung niemanden: Manche weinen, manche sind schockiert, einige grenzen sich ab, andere können oder wollen es nicht glauben und sagen: „Ihr kommt doch eh wieder zusammen“; das bedeutet auch der Titel „Volveréis“ wörtlich: du wirst zurückkommen. Die Idee mit dem Fest kann kaum jemand nachvollziehen. Es ist eine sehr genaue und aufmerksame Studie über menschliches Verhalten.
Dazwischen leben Ale und Alex ihr sehr vertrautes Alltagsleben weiter. Schön ist, dass in ihrer Wohnung alles so aussieht als würde tatsächlich Menschen drinnen leben, in einer gewissen Unordnung, keinem durchgängig-durchkomponierten Einrichtungshaus-Stil, mit Büchern, die nicht akkurat in das Regal geräumt wurden und zufällig liegen gelassenem, lange liebgewonnenem. Wenn Ale einen Albtraum hat, legt Alex beruhigend die Hand auf ihren Arm. Sie frühstücken gemeinsam. Sie gehen spazieren, besuchen einen Flohmarkt. Einmal entdeckt Alex einen Blutfleck auf dem Leintuch und wechselt die Bettwäsche nach einem kurzen Zögern. Das ist einer dieser fein beobachteten Momente, in denen man sich fragt: Wie viel Intimität ist noch in Ordnung, wenn man eben kein Paar mehr ist? Was lässt man den anderen noch sehen, und was nicht mehr? Was geht den anderen noch etwas an?
„Volveréis“ ist ein warmherziger, tragisch-komischer Film über Leben und (das Ende einer) Liebe, mit charismatischen Darstellerinnen und Darstellern, mit einer Portion Ingmar Bergmann (mit und ohne Liv Ullmann) und einer Brise Kierkegaard und ganz viel Verständnis für das Mysterium Beziehungen an sich.
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